FdM3

ZVG- Coaching

Coaching- Konzept und Rolle des Coaches
Coaching knüpft gewissermaßen an das Zielvereinbarungsgespräch (ZVG) und Kontrollgespräch (KG) an, denn es ist ein Führungsinstrument, das in verfahrenen Führungssituationen, wenn ZVG und KG gescheitert sind, hilft, durch systematische problem- und lösungsfokussierte Gespräche das „Ruder noch einmal herumzuwerfen". Coaching setzt also dort an, wo ZVG und KG scheitern.
Coaching ist eine individuelle Beratung und Begleitung einer Person - dem Coa-chee - durch eine andere Person, den Coach. Im Mittelpunkt stehen Klärung und Bewältigung beruflicher Schwierigkeiten, was aber auch private Anliegen umfassen kann. Der Coach ist in erster Linie neutraler Feedbackgeber und Prozessberater.
Er gibt das begründete und ungeschönte Feedback (= Rückmeldung), welches von Kollegen, Mitarbeitern oder Freunden kaum zu erwarten ist. Führungsprobleme und Betriebsblindheit können so reduziert werden.
Die Person, die coacht, ist der Coach. Die Person, die gecoacht wird, ist der Coachee.
Der Coach macht keine vorgefertigten Lösungsvorschläge, sondern unterstützt die Aufarbeitung von Problemursachen und hilft, Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen sowie vorhandene Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen und zu entwickeln. Coaching dient daher nicht nur der Bearbeitung von Problemsymptomen, sondern soll die dahinter stehenden Entwicklungen und Prozesse erkennen und klären helfen. Der Coachee lernt, seine Probleme selbst zu lösen, klare Ziele zu setzen und wieder eigenständig gute Ergebnisse zu erzielen.
Ein Grundziel des Coaching ist die Hilfe zur Selbsthilfe.
Der Begriff „Coach" kommt aus dem Englischen. Dort bedeutet er „Kutsche". Dahinter verbirgt sich die Idee des Coaching: Es ist ein Instrument, das Menschen dabei unterstützt, sich fortzubewegen und von einem Ort zum anderen zu gelangen - sich also weiterzuentwickeln und bestimmte Ziele zu erreichen. Das Ziel der Reise allerdings formuliert der Coachee selbst. Der Coach ist als Feedbackgeber und Prozessberater nur neutraler Wegbegleiter.
Den Coach kennt man auch aus dem Sport. Dort ist er nicht nur Trainer, der sportliche Fertigkeiten der Sportler fördert, sondern auch derjenige, der motiviert und ihre mentale Entwicklung unterstützend begleitet.
Der Coach bringt also nicht die Lösungen für Schwierigkeiten oder Konflikte mit, sondern ist vielmehr ein neutraler Gesprächs- und Interaktionspartner, der seinem Coachee den Prozess der individuellen (Weiter-) Entwicklung eröffnet, erleichtert und ihn begleitet.


Grundprinzipien des Coaching

Im Coaching gelten verschiedene Grundprinzipien, deren Einhaltung Voraussetzung für sein Gelingen ist.
Freiwilligkeit
Beide, Coach und Coachee, sollten freiwillig an dem Prozess teilnehmen. Die Entscheidung setzt voraus, dass beide wissen, was auf sie zukommt. Diese Freiwilligkeit soll dadurch sichergestellt werden, dass zu Beginn des Coaching eine Bereitschaftsklärung beider, des Geschäftspartners (GP)* und der Führungskraft (FK)*, vorliegt.
Innere Einstellung
Auch die innere Einstellung ist entscheidend. Coach und Coachee sollten ein wirkliches Interesse am Gelingen des Coaching haben.
Der Coach sollte helfen wollen und nicht irgendwelche eigenen Interessen oder Abhängigkeiten von Dritten haben, die ihn dazu veranlassen, etwas zu forcieren, das nicht im Sinne des Coachees ist. Das ist mit „Neutralität" gemeint. Der Coachee wiederum sollte ernsthaft daran interessiert sein, sein Problem anzugehen und Veränderungen zu bewirken.
Beide sollten möglichst unvoreingenommen sein. Das heißt, sie sollten offen für den Prozess, für überraschende Wendungen, für unerwartete Reaktionen sein. Sie sollten bereit sein, aus dem Coaching zu lernen und ihr künftiges Verhalten an das Ergebnis des Coaching- Prozesses anzupassen.
Vertraulichkeit
Vertraulichkeit sollte selbstverständlich sein. Alles, was in einem Coaching- Gespräch besprochen wird, ist vertraulich und darf nicht weitererzählt werden.
Coaching in der HMI
Es sollte zwischen externem und internem Coaching unterschieden werden. Die Vorstellung, dass der Coach neutraler Begleiter ist, legt eigentlich nahe, dass der Coach eine unvoreingenommene externe Person ist. Das ist in der HMI nicht gegeben. Hier coacht die FK ihren GP. Der GP ist also der Coachee, und die FK ist der Coach. Hier verschwimmen die Grenzen zum so genannten „Mentor". Hier soll der Einfachheit halber aber den Begriff „Coach" beibehalten werden.
Der besseren Lesbarkeit halber werden die Begriffe Führungskraft (FK) und Geschäftspartner (GP) hier für beide Geschlechter verwendet.
Dennoch vereint eine FK in der HMI den Coach und Mentor in sich: Sie bringt wie ein Mentor viel Erfahrungen mit, und sie kann dem GP Tipps geben und ihn anleiten. Gleichzeitig sollte sie sich damit aber wie ein Coach möglichst lange zurückhalten und den Coachee seinen eigenen Weg finden lassen. Weitere Vorteile des internen Coaching bestehen darin, dass die FK ihrer Führungsaufgabe noch besser gerecht werden kann, und dass es natürlich wesentlich weniger kostenintensiv ist als wenn man einen externen Coach einkaufen würde. Die FK sollte sich in jedem Falle in der Rolle als Coach um weitgehende Neutralität bemühen und bei Bedarf neutrale Dritte einbeziehen (dazu weiter unten mehr).
Auch wenn Coaching prinzipiell bei allen möglichen Schwierigkeiten angewendet werden kann, ist das ZVG- Coaching auf solche Situationen zugeschnitten, in denen ZVG oder KG nicht den gewünschten Erfolg erzielt haben. Wo beispielsweise mehrfach ZVG und KG geführt wurden, der GP aber Vereinbarungen nicht eingehalten und seine Ziele nicht erreicht hat. In einer solchen Situation kann man das Coaching gezielt einsetzen, um gemeinsam systematisch nach Ursachen und Lösungen zu suchen.
Nun könnte man fragen: Warum überhaupt erst ZVG und KG - warum nicht gleich Coaching? Dafür gibt es mehrere Gründe:
Das ZVG hat einen ganz anderen Schwerpunkt als Coaching. Im ZVG liegt der Schwerpunkt darauf, gemeinsam Ziele zu entwickeln, die zu dem GP passen und an die er glaubt. Im Coaching stehen weniger Ziele im Vordergrund als die Suche nach Ursachen und Lösungen von Problemen.
Man muss nicht gleich „mit Kanonen auf Spatzen schießen": Im Coaching wird eine tiefgehende Problembetrachtung vorgenommen. Es geht hier um die Lösung einer Krise. Im ZVG dagegen geht man zu allererst von einer positiven Grundsituation und einen motivierten GP aus, der seine Ziele weitgehend selbstständig erreichen kann.
Der Coaching- Prozess und die Coaching- Leitfäden
Coaching ist ein Prozess, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt. Man sollte für den ersten Anlauf durchaus einmal vier bis sechs Monate einplanen. Der Prozess ist in unterschiedliche Phasen unterteilt. Insgesamt sind es sieben Phasen.
Alle Phasen, bis auf die Phase 5 „Umsetzung", sind in den Coaching- Leitfäden enthalten.
Es gibt insgesamt vier Coaching- Leitfäden:

  • Der Leitfaden „Coaching- Gespräch" enthält die Phasen Problemerkennung, Vorbereitung der FK, das Vorgespräch und das eigentliche Coaching- Gespräch.
  • Der Leitfaden „Coaching: Vorbereitung der FK" umfasst die Vorbereitung der FK auf das Coaching- Gespräch.
  •  Der Leitfaden „Coaching: Vorbereitung des GP" umfasst die Vorbereitung des GP auf das Coaching- Gespräch. Die FK gibt diesen Leitfaden ihrem GP nach dem Vorgespräch mit.
  • Der Leitfaden „Coaching- Erfolgscheck" umfasst das abschließende Gespräch, das der Überprüfung des Coaching- Erfolgs dient.


Phase 0 - Problemerkennung
Phase 0 heißt Problemerkennung. Hier wird der FK (oder dem GP, der es seiner FK mitteilt) bewusst, dass überhaupt ein Problem besteht. Das ist der Fall, wenn das KG an den Tag gebracht hat, dass die vereinbarten Ziele wiederholt verfehlt wurden. Beim ersten misslungenen ZVG hat sich die FK vielleicht noch nichts dabei gedacht, aber jetzt wird ihr langsam klar, dass ein Problem besteht. Unzufriedenheit kommt auf, und der Wunsch verstärkt sich, etwas zu verändern.
Es gibt hier zwei typische Konstellationen.
1. Entweder ist der GP mit Schwung gestartet, es wurden immer wieder ZVG und KG durchgeführt, und doch kam es irgendwann zur Stagnation. Und dann vielleicht sogar zum Rückgang der Geschäftstätigkeit des GP.
2. Coaching kann aber auch dann helfen, wenn ein GP zwar alles in allem erfolgreich ist, aber weit hinter seinem Potential zurückbleibt. Nehmen Sie an, Sie haben einen GP mit viel Potential rekrutiert: einen „Rohdiamanten". Ihre Erwartungen wie die des GP sind hoch. Es zeigt sich dann aber, dass der GP zwar stetig leichte Verbesserungen macht, aber weit hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. ZVG und KG haben keine Steigerung bewirkt. Auch hier könnte ein Coaching- Prozess gestartet werden.
Bevor irgendein GP, der die Stufe 1 oder höher erreicht hat, fluktuiert, sollte zumindest einmal ein Coaching- Gespräch mit ihm geführt worden sein.


Phase 1 -Vorbereitung der FK
In der Phase 1 bereitet sich die FK mithilfe des Leitfadens „Coaching: Vorbereitung der FK" auf das anschließende Coaching- Gespräch mit Ihrem GP vor. Sie dient dazu, dass sich die FK darüber klar wird, ob sie mit dem GP wirklich einen Coaching- Prozess beginnen möchte.
Zunächst macht die FK eine so genannte Bestandsaufnahme, sie versucht, mit folgenden Fragen die bestehenden Schwierigkeiten einzugrenzen:
• Welche Schwierigkeiten gab es aus Sicht der FK mit ZVG/KG?
• Welche Schwierigkeiten gab es (vermutlich) aus Sicht des GP mit ZVG/KG?
• Wie haben sich die Schwierigkeiten erstmals geäußert?
• Was wurde bisher zu ihrer Lösung unternommen?
• Wie haben sich die Schwierigkeiten entwickelt?
Nach der Bestandsaufnahme macht die FK eine 3K-Prüfung, um abzuklären, ob sie ein Coaching auch wirklich will.
Kopf: Hält die FK den Erfolg beim ZVG für wichtig genug, um mit dem GP ein Coaching durchzuführen? Oder gibt es Zielkonflikte, die den Coaching- Prozess behindern?
Bauch: Bestehen Bauchschmerzen oder Ängste hinsichtlich des Coaching? Woran liegt das?
Hand: Können die Schwierigkeiten bewältigt werden? Traut sich die FK das zu? Hat sie die nötigen Fähigkeiten? (Falls nicht, sollte eine höhere FK um Unterstützung gebeten werden, die schon mehr Coaching- Erfahrung hat.)
Äußerer Rahmen: Ist die Situation günstig? Hat die FK genügend Zeit für das Coaching und für die damit verbundene Unterstützung des GP? Ist der Zeitpunkt gut gewählt? Ein Coaching sollte Idealerweise nicht im Stufenmonat kurz vor Produktionsschluss angegangen werden, weil ja auch immer das Risiko besteht, dass sich FK und GP entzweien, und weil Coaching auch etwas Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt.

Phase 2 - Vorgespräch
Nachdem die FK sich über das Problem klar geworden ist und beschlossen hat, das Coaching anzugehen, kann sie das Gespräch mit dem GP suchen.
Zu Beginn begrüßen sich beide freundlich und persönlich. Die FK sollte sich bedanken, dass der GP sich für das Gespräch Zeit genommen hat. Selbstverständlich sollten Telefone ausgeschaltet und sonstige Störungen vermieden werden.
Die FK fragt den GP dann, ob dieser mit den bisherigen ZVG/KG zufrieden ist. Das bezieht sich auf den Prozess wie auf die erzielten Ergebnisse.
Die FK spricht die Schwierigkeiten mit ZVG/KG an und beschreibt sie sachlich.
Dann informiert sie über das Coaching und gibt eine Vorschau auf den Coaching-Prozess.
Im nächsten Schritt geht es darum, Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit des Coaching- Versuchs zu verdeutlichen. Das geschieht auf drei Ebenen:
1. Auf der Sachebene macht die FK klar, dass es der letzte Versuch ist, das Ruder mit aller Kraft herumzuwerfen.
2. Auf der Beziehungsebene erklärt sie, dass es hier auch darum geht, wie sich die Zusammenarbeit künftig entwickeln wird.
3. Auf der Wunschebene äußert sie den Wunsch, einen echten Neuanfang zu machen.
Besonders wichtig ist schließlich die Bereitschaftsabfrage: Hier verdeutlicht die FK, dass Coaching nur funktionieren kann, wenn FK wie GP voll dahinter stehen. Sie erklärt, dass sie für sich nach reiflicher Überlegung beschlossen hat, dass sie das Coaching gerne wagen möchte und fragt dann den GP nach seiner Bereitschaft, sich auf den Coaching-Prozess einzulassen. Mit der Einwilligung des GP wird der FK die Rolle des Coaches übertragen und der GP wird zum Coachee. Abschließend wird noch ein Termin für das Coaching- Gespräch bestimmt und im Leitfaden notiert. Die FK überreicht dem GP den Leitfaden „Coaching: Vorbereitung des GP" und empfiehlt ihm, sich gut auf das Coaching-Gespräch vorzubereiten.

Phase 3 - Vorbereitung des GP
In dieser Phase bereitet sich der GP mithilfe des Leitfadens „Coaching: Vorbereitung des GP" auf das anschließende Coaching-Gespräch mit der FK vor.
Der Leitfaden „Coaching: Vorbereitung des GP" beginnt mit einer Vorbemerkung, die dem GP knapp die Grundidee des Coaching und des Coaching- Prozesses erläutert.
Der anschließende Teil des Leitfadens enthält hilfreiche Fragen zur Vorbereitung des GP auf das Coaching-Gespräch.
Folgende Fragen sollte sich der GP zur Vorbereitung stellen:
Welche Schwierigkeiten gab es mit ZVG/KG?
Welche Schwierigkeiten gab es (vermutlich) aus Sicht der FK mit ZVG/KG?
Wie haben sich die Schwierigkeiten erstmals geäußert?
Was wurde bisher zu ihrer Lösung unternommen?
Wie haben sich die Schwierigkeiten entwickelt?
Was könnten mögliche Ursachen sein?

-  Liegen die Ursachen im „Kopf" (sind die Ziele nicht wichtig genug/bestehen Zielkonflikte)?
Liegen die Ursachen im „Bauch" (Ängste/Lustlosigkeit)?
-  Liegen die Ursachen in der „Hand" (zu hochgestecktes Ziel/mangelnde Fähigkeiten)?
-  Liegen die Ursachen im äußeren Rahmen (störende Einflüsse)?


Phase 4 - Coaching-Gespräch
Das Coaching-Gespräch ist sozusagen das Kernelement des Coaching. Hier kommt es ganz besonders auf das Geschick der FK an, gemeinsam mit dem GP die Schwierigkeiten zu erschließen und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Begrüßung: Die Begrüßung sollte persönlich ausfallen. Die FK sollte Zuversicht und Optimismus hinsichtlich des Gelingens des Coaching vermitteln.
Außerdem sollte die FK auch durch Äußerlichkeiten zu erkennen geben, dass es jetzt auf dieses Gespräch ankommt, in dem der GP im Mittelpunkt steht und man sich durch nichts mehr ablenken lässt. So sollten die Telefone ausgeschaltet, die Tür geschlossen sein und die Gesprächsunterlagen sichtbar für den GP auf dem Schreibtisch liegen.
Die FK teilt dem GP den Leitfaden „Coaching-Gespräch" aus und bittet den GP, das Protokoll zu führen. Damit wird die Eigenverantwortung des GP betont und gewährleistet, dass das Ergebnis des Gespräches sein eigenes Produkt ist, hinter dem er steht.
Dann wird das Gespräch auf das Geschäftliche gelenkt. Zunächst fragt die FK den GP, was überhaupt die Beweggründe gewesen sind, das Ziel (oder die Ziele), das bisher nicht erreicht worden ist, im ZVG zu vereinbaren. Was waren die Ziele hinter dem Ziel? Das erinnert den GP an seine Motivationsquelle und erleichtert den Gesprächseinstieg.
Vorläufige Bestandsaufnahme: Dann beginnt die vorläufige Bestandsaufnahme. GP und FK beschreiben sachlich die Schwierigkeiten jeweils aus ihrer Sicht. Erst dann werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede festgestellt.
Wichtig ist in dieser Phase, dass die FK noch nicht „rumbohrt" und tiefer gehende Fragen, etwa zu den Unterschieden in der Problemwahrnehmung, zurückstellt. Vielmehr lässt sie erst einmal die unterschiedlichen Betrachtungsweisen unkommentiert stehen. Ziel sollte zunächst sein, die Unterschiede klar zu sehen, nicht aber, sie aufzulösen. Das steht erst bei der anschließenden systemischen Ursachensuche an.
Systemische Ursachensuche: Die systemische Ursachensuche verdankt ihren Namen dem systemischen Therapieansatz. Er beruht auf der Annahme, dass Ursachen eines Problems unterschiedlichen Systemen, in denen der Mensch lebt und tätig ist, die sich aber naturgemäß gegenseitig beeinflussen, entstammen können.
Systeme oder Bereiche, in denen die Ursachen für mangelnden Erfolg beim ZVG liegen können, sind etwa:
unvollständige/lückenhafte Durchführung einzelner Phasen von ZVG und KG
fehlende Einleitung der vereinbarten Maßnahmen seitens der FK oder des GP
Schwierigkeiten mit der Aufgabe/Tätigkeit selbst
Schwierigkeiten im Hauptjob
Schwierigkeiten im privaten Umfeld
Schwierigkeiten in der Beziehung zwischen FK und GP
Diese Bereiche wurden in Workshops mit Führungskräften der HMI ausgemacht.

Natürlich ist das Gelingen der Ursachensuche für den Coaching- Erfolg besonders wichtig. Die Schwierigkeiten, die man hier ausmacht, werden im weiteren Verlauf bearbeitet. Deshalb verweist der Leitfaden auch gezielt auf nützliche Fragetechniken, die bei der Ursachensuche helfen können.
Im Leitfaden „Coaching-Gespräch" sind zu den Fragetypen keine Beispielfragen aufgeführt, weil es merkwürdig auf den GP wirken würde, auf vorformulierte Fragen zu stoßen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass die FK mit den Fragetypen vertraut ist und weiß, wie man beispielsweise eine paradoxe Frage formuliert. Dazu gibt es deshalb später noch Übungen und ein Merkkärtchen.
Anschließend werden die aufgedeckten Ursachen im Leitfaden notiert.
Lösungssuche: Hat man die Schwierigkeiten und deren Quellen ausgemacht, geht es mit der Lösungssuche weiter.
Das Vorgehen richtet sich danach, in welchem Bereich die Probleme liegen.
Bei „typischen" Problemen haben sich übrigens bestimmte Lösungswege bewährt:
Unvollständige/lückenhafte Durchführung einzelner Phasen von ZVG und KG
(einschließlich im ZVG vereinbarter Maßnahmen des GP und der FK): Hier sollten ZVG und KG so wiederholt werden, wie es das FdM-Training vorsieht.
Schwierigkeiten in der Beziehung zwischen FK und GP: Ein Dritter (Idealerweise ein externer Coach, praktischerweise aber der „Oberstruki") sollte hinzuge
zogen werden. Der „Oberstruki" sollte eine Coaching-Ausbildung absolviert
haben, die für höhere Stufen vorgesehen ist. Wenn das nicht geht, können
beide versuchen, die Beziehungsebene zu ignorieren, um nur auf der aufgabenorientierten Sachebene zusammenzuarbeiten.
Liegen die Schwierigkeiten in der Aufgabe/Tätigkeit selbst, im Hauptjob oder in der Familie/im privaten Umfeld, so sollte die FK versuchen, Lösungswege durch geeignete Fragetechniken zu finden. Dazu später mehr.
Daraufhin werden die gefundenen Lösungen im Leitfaden notiert.
Maßnahmen: Bevor abschließend Maßnahmen vereinbart werden, verdeutlicht die FK nochmals ihre Erwartungshaltung. Sie sagt, dass sie in den Coaching -Prozess einsteigt, weil sie den GP sehr schätzt, aber auch, weil sie sich eine Verbesserung seiner Leistungen erwartet. Es kann sinnvoll sein, dass die FK auf die Konsequenzen des Gelingens wie des Scheiterns des Coaching- Prozesses hinweist.
Die gefundenen Lösungen werden ähnlich wie im ZVG mit Maßnahmen hinterlegt; man überlegt also ganz genau, was der GP tun sollte und wie die FK oder ggf. dritte Personen ihn unterstützen können.
Dann werden die Maßnahmen, die der GP ergreifen soll, notiert. Wichtig ist, dass er die Maßnahmen selbst benennt. Die FK kann ihn durch Fragetechniken unterstützen. Etwa: „Reicht das? Haben Sie wirklich alles bedacht?"
Anschließend schlägt die FK unterstützende Maßnahmen vor. Sie sollte den GP fragen, wie weit sie ihn in der Umsetzungsphase begleiten, unterstützen und kontrollieren soll.

Der erste Schritt am ersten Tag: Wichtig ist auch die Frage nach dem ersten Schritt am ersten Tag. Diesen Schritt sollte die FK auch gleich am nächsten Tag kontrollieren. Das ist so wichtig, weil Ziele, die man nicht sofort angeht, oft gar nicht mehr angegangen werden.
Termin für den Coaching- Erfolgscheck: Abschließend wird der Termin für den Coaching- Erfolgscheck im Leitfaden notiert.
Es ist schwierig, Empfehlungen auszusprechen, wann der Coaching -Erfolgscheck stattfinden und ob es „Zwischenkontrollen" geben sollte. Das hängt von der Art und Schwere des Problems ab. Grundsätzlich kann man aber vielleicht die Empfehlungen aus dem ZVG übertragen: Coaching- Erfolgscheck nach etwa vier bis sechs Monaten, Zwischenkontrollen sind sinnvoll.
Dann unterschreiben beide die getroffene Vereinbarung und vereinbaren noch einen Termin für den Coaching- Erfolgscheck. Das verleiht dem Gespräch die nötige Verbindlichkeit.
Verabschiedung: Die FK begleitet den GP zur Tür.

Phase 5 - Umsetzung
In Phase 5 setzen GP und FK die vereinbarten Maßnahmen um. Diese Phase ist nicht eigens in den Leitfäden enthalten. Nach Bedarf kann es Zwischenkontrollen geben.
Der Coach sollte dem Coachee in jedem Falle die Unterstützung gewähren, die er im Coaching-Gespräch zugesichert hat. Allerdings gilt beim Coaching, dass vom GP ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Engagement erwartet wird. Schließlich ist in der Vergangenheit viel Schiefgelaufen, und der Neustart ist eine Art Bewährungsprobe. Das gilt allerdings nur mit Einschränkungen, wenn die Schwierigkeiten in der Vergangenheit kaum oder gar nicht dem GP angelastet werden können. In dem Fall sollte der Coach den Coachee nach Kräften unterstützen.
In Workshops mit FK der HMI wurden einige Tipps gesammelt, wie die FK den GP in der Umsetzungsphase führen könnte:
Präsent sein, Unterstützung und Rat anbieten.
Den Kontakt intensivieren und nach Fortschritten fragen.
Kleine Erfolge des GP hervorheben und ihn dafür loben.
Einen wertschätzenden, aber ernsthaften Ton anschlagen, damit der GP spürt, dass es um etwas geht.
Die FK kann durch Änderungen (mitunter auch symbolischer Art) ihres Verhaltens zu erkennen geben, dass sich etwas geändert hat. So könnten während der Umsetzungsphase neue Aktivitäten zwischen FK und GP begonnen werden.

Phase 6 - Coaching- Erfolgscheck
Begrüßung: Auch dieses Gespräch eröffnet die FK persönlich und authentisch. Telefone sind ausgeschaltet, Türen geschlossen, und der Leitfaden vom Coaching-Gespräch liegt bereit.
Protokoll: Hier führt die FK das Protokoll.
Soll/Ist-Vergleich: Im Soll/Ist-Vergleich geht es darum, möglichst objektiv festzustellen, inwieweit der GP bei der Umsetzung der Maßnahmen erfolgreich war und sie dazu beigetragen haben, die Schwierigkeiten zu lösen. Ist der GP (auch zeitlich betrachtet) gut weitergekommen oder liegt er zurück? Die FK stellt hier etwa folgende Fragen, die sie gemeinsam mit dem GP beantwortet:
Konnte der GP die vereinbarten Maßnahmen umsetzen?
Sind die im Coaching-Gespräch aufgedeckten Schwierigkeiten gelöst?
Beim Soll/Ist-Vergleich werden noch keine Ursachen gesucht oder Maßnahmen getroffen. Das geschieht im nächsten Schritt.
Die FK fragt, was gut gelaufen ist, und lobt.
Dann lässt sie sich das berichten, was nicht gut gelaufen ist. Dafür werden im nächsten Schritt die Ursachen gesucht.
Die FK stellt die offene Frage an den GP: „Was meinen Sie, woran hat es gelegen?" Die FK kann in dem Feld, wo sie die Probleme vermutet (Kopf, Bauch, Hand oder äußere Rahmenfaktoren) noch einmal genauer nachfragen.
Unterstützung: Die FK fragt, ob die nötige Unterstützung da war und wie der GP den Coaching-Prozess beurteilt. Könnte man noch etwas verbessern?
Die FK bedankt sich für das Gespräch und verabschiedet den GP. Die FK sagt, dass sie noch nachdenken wird und sich überlegt, wie es weitergehen könnte. Damit hat das Gespräch gewissermaßen ein offenes Ende. Die FK kommt später wieder auf den GP zu und teilt ihm ihre Entscheidung mit. Das sollte sie auch so handhaben, wenn der Coaching-Prozess erfolgreich verlaufen ist, einfach um ihr Fazit ganz in Ruhe ziehen zu können.
Fazit: Am Ende zieht die FK ein Fazit. Ist das Problem gelöst?
Wenn ja, ist der Coaching-Prozess erfolgreich abgeschlossen und man kann wieder mit „normalen" ZVG/KG weitermachen.
Wenn nein, muss sich die FK fragen, ob sich der Fortschritt des GP im Hinblick auf
die Lösung des Problems lohnt, den Coaching-Prozess fortzusetzen.
Ist das so, dann sollte die FK überlegen, wie sich eine Fortsetzung gestalten ließe.
Gegebenenfalls kann die FK ein weiteres Mal den Leitfaden „Coaching-Gespräch"
verwenden und nicht benötigte Phasen überspringen.
Kommt aber die FK zu dem Schluss, dass ihr GP keine oder nur kleine Fortschritte
gemacht hat, dann ist das weitere Vorgehen nicht ganz so leicht zu entscheiden.

Was, wenn Coaching scheitert?
Coaching muss nicht der allerletzte Versuch sein. Einige erfahrene FK der HMI wurden interviewt und nach ihren Erfahrungen mit schwierigen Fällen gefragt, bei denen die Bemühungen der FK immer wieder ins Leere greifen. Die Vorschläge lassen sich drei Lösungsstrategien zuordnen. Grundsätzlich bleibt aber festzuhalten, dass diese Entscheidung sehr fallbezogen ist. Sie hängt davon ab, wie stark der GP selbst Anteil hat, aber auch davon, wie stabil er ist.
Optimistische Lösungen
Immer weiter „dranbleiben" und den GP genauso wertschätzend behandeln wie die anderen GP. Jeder, der nicht fluktuiert, ist ein Gewinn für die HMI. Außerdem demonstriert das die Loyalität der FK gegenüber den GP, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Der Nachteil ist: Es kostet viele Nerven und bindet kostbare Energien, welche die FK für andere GP aufwenden könnte.
360-Grad-Feedback: Kollegen, Direkte und den „Oberstruki" des GP einladen. Alle Gruppen (einschließlich des GP) entwickeln Metaplanwände, auf denen sie Stärken und Wachstumsbereiche des GP darstellen. Wichtig: Nur Konsensmeinungen dürfen vorgestellt werden (z. B. alle Kollegen müssen sich einig sein über ein Urteil), und es darf nicht verletzend werden.
Die FK zeigt dem GP in einem Personalentwicklungsgespräch seine Kompetenzen auf und versucht, ihn neu zu motivieren und aufzubauen.
Kompromisslösungen
Die FK kann zunächst auf Distanz gehen und den Kontakt zum GP für einige Zeit abbrechen. Das bringt ihn zum Nachdenken. Wenn der Kontakt wieder aufgenommen wird, entstehen oft neue Impulse.
Dem GP eine andere berufliche Perspektive aufzeigen (ggf. auch in der Agentur).
Der Führungsauftrag kann komplett an den „Oberstruki" abgegeben werden. Das bietet sich insbesondere an, wenn es auf der Beziehungsebene zwischen FK und GP hakt. Allerdings sollte die FK es erst einmal allein versuchen, weil es schließlich ihre Führungsaufgabe ist und weil man ja nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen soll.
Den GP einfach mitlaufen lassen: Solange er gute Laune verbreitet und Grundwerte nicht verletzt, stört er ja nicht. (Man sagt: „Der frisst kein Brot"). Der GP kann einfach weiter mitmachen, ist vielleicht ein solider Eigenproduzent mit wenig Storno, aber ohne große eigene Ziele.
Harte Lösung
Ein Trennungsgespräch führen und sich von dem GP endgültig verabschieden. Das muss nicht gleich eine Kündigung sein (für die es ohnehin die Zustimmung Dritter brauchte). Die FK kann einfach den Kontakt abbrechen und den GP nicht mehr zu Meetings einladen. Es ist allerdings davon abzuraten, weil sich die anderen mit dem Ausgeschlossenen solidarisieren, ihn vielleicht sogar zum Märtyrer machen mögen.


Fragetechniken im Coaching
Fragen sind ein wichtiges Werkzeug im Coaching. Man sagt auch: „Wer fragt führt".
Fragen erfüllen im Gespräch hier drei Aufgaben:
1. Problemverständnis: Fragen können dazu dienen, Informationen zu sammeln und so ein tieferes Verständnis von Schwierigkeiten zu erreichen.
2. Perspektivenwechsel: Fragen können den Coachee dahin leiten, seine Perspektive zu wechseln oder zu erweitern.
3. Lösungsorientierung: Durch Fragen kann man das Coaching-Gespräch auf mögliche Ziele, Lösungen und innere und äußere Ressourcen richten.
Diese Aufgaben werden in verschiedenen Phasen im Coaching-Gespräch wichtig. Fragen zum Problemverständnis sind zentral in der Phase der Ursachensuche. Fragen zum Perspektivenwechsel können sowohl bei der Ursachensuche eingesetzt werden, weil sie eine neue Sicht auf das Problem eröffnen, als auch in der Phase der Lösungsorientierung, weil sie neue Perspektiven auf mögliche Lösungen eröffnen. Fragen zur Lösungsorientierung setzt man am in erster Linie in der Phase der Lösungssuche ein.
Fragetypen
Es gibt unterschiedliche Fragetypen. Es gibt Fragetypen, die sich eher für das Problemverständnis eignen und solche, die eher dem Perspektivenwechsel oder auch der Lösungsorientierung dienen.
Fragen zum Problemverständnis
Für das Problemverständnis eignen sich drei Fragetypen: Konkretisierungsfragen, Fragen nach Ausnahmen und zirkuläre Fragen.
Konkretisierungsfragen: Konkretisierungsfragen dienen beispielsweise dazu, abstrakte Begriffe, wie etwa „man", „Verantwortung" oder „Erfolg", genauer zu fassen, etwa mit der Frage „Was meinen Sie konkret mit Erfolg?".
Es sind aber auch Fragen, die das Problem und seine Bestandteile genauer umreißen als Fragen mit „Wer?", „Was?", „Wann genau?".
Schließlich dienen sie auch dazu, Generalisierungen, wie „alle", „immer" oder „dauernd", aufzulösen, so durch die Frage „Was meinen Sie mit immer?".
Fragen nach Ausnahmen: Um ein Problem zu erfassen, muss man auch wissen, in welchen Situationen es weniger oder überhaupt nicht auftritt. Indem der Coach Fragen nach Ausnahmen vom Problem stellt, hilft er dem Coachee zu entdecken, welche Umstände es bedingen oder verstärken.
Ein Beispiel für eine Frage nach der Ausnahme wäre: „Gibt es auch Situationen, in denen Ihnen die Direktansprache gelingt, ohne dass sie von Angstgefühlen begleitet wird?"


Zirkuläre Fragen: Das zirkuläre Fragen ist für Probleme geeignet, die auf der Beziehungsebene liegen. In zwischenmenschlichen Beziehungen können negative Rückkopplungen auftreten: Das eigene Verhalten verstärkt kontraproduktives Verhalten des Gegenübers und umgekehrt. Das kann zu einem Teufelskreis führen. Mit zirkulären Fragen versucht man, solche Kreisläufe aufzudecken.
Der Coach würde zirkuläre Fragen beispielsweise einsetzen, wenn der GP glaubt, seine Ziele seien nicht umsetzbar, weil ein Kollege das Klima im Team zersetzt. Hier könnte der Coach fragen: „Was macht der Kollege genau?"... „Wie reagieren Sie?"... „Wie reagieren die Kollegen?"... „Was machen Sie dann?"...
Die drei Fragetypen - Konkretisierungsfragen, Fragen nach Ausnahmen und zirkuläre Fragen - werden in der Phase der Ursachensuche eingesetzt, denn sie erlauben es, das Problem tiefer zu durchdringen und Informationen über seine Ursachen einzuholen.
Fragen zum Perspektivenwechsel
Für den Perspektivenwechsel eignen sich besonders zwei Fragetypen, die Adlerfrage und die paradoxe Frage.
Adlerfragen/Fragen aus der Beobachterperspektive: Wenn man mit einem Problem konfrontiert ist, kann es manchmal sein, dass man den Wald vor Bäumen nicht sieht; dass man sich so darin verrannt hat, dass man keine Lösungsmöglichkeit mehr sehen kann. Hier sollte es gelingen, sich aus eingefahrenen Sichtweisen und Denkmustern zu lösen und eine neue Perspektive einzunehmen. Man kann beispielsweise auf die „Metaebene" gehen und vogelartig „von oben" seine gegenwärtigen Blockaden und Schwierigkeiten betrachten.
Dazu eignet sich die Adlerfrage. Sie kann lauten: „Angenommen, ein Adler würde die Situation von oben umkreisen, was würde er sehen?"
Es besteht auch die Möglichkeit, die Adlerfrage als Frage aus der Beobachterperspektive zu stellen: „Was würde Ihr führender Abteilungsleiter dazu sagen?"; „Was würde ein guter Freund Ihnen raten?"
Paradoxe Fragen: Eine ähnliche Wirkung können auch paradoxe Fragen haben. Sie helfen ebenfalls, sich aus bestehenden Denkmustern zu lösen. Paradoxe Fragen wirken wie ein Reframing - sie stellen das Problem in einen neuen Rahmen, in dem es vielleicht ganz anders wirkt. Sie eröffnen dem Coachee neue Blickwinkel und vermitteln ihm die Einsicht, dass er möglicherweise durch sein eigenes Verhalten das Problem herstellt oder aufrechterhält. Das wird durch Fragen erreicht, die einen Inhalt haben, der eigentlich absurd ist.
Eine paradoxe Frage wäre: „Wodurch könnten Sie besonders zuverlässig erreichen, dass das Problem sicher bestehen bleibt oder sich sogar noch verstärkt?"
Die beiden Fragetypen Adlerfrage und Paradoxe Frage erlauben es, über den Tellerrand hinauszuschauen und eröffnen neue Sichtweisen und Ideen. Deshalb können sie in den Phasen der Ursachensuche wie der Lösungssuche eingesetzt werden.

Fragen zur Lösungsorientierung


Für die Lösungsorientierung eignen sich zwei Fragetypen: lösungsorientierte und ressourcenorientierte Fragen.
Lösungsorientierte Fragen: Lösungsorientierte Fragen richten, wie der Name schon sagt, die Aufmerksamkeit auf mögliche Lösungen. Der Coach kann etwa fragen: „Was wäre eine Lösung des Problems?"; „Kennen Sie jemanden, der ein ähnliches Problem schon gelöst hat-wie hat der es denn gemacht?"; „Woran würden Sie und woran würden andere erkennen, dass sich das Problem gelöst hat?"
Tipp: Man kann lösungsorientierte Fragen mit der so genannten „Wunderfrage" einleiten. Der Coachee soll sich in eine Situation versetzen, in der das Problem bereits gelöst ist. Man kann die Wunderfrage etwa so formulieren:
„Stellen Sie sich vor, Sie gingen heute nach unserem Gespräch heim, und in der Nacht geschähe ein Wunder und das Problem wäre plötzlich gelöst. Wenn Sie am Morgen aufwachen und nichts von dem Wunder wissen würden, woran würden Sie erkennen, dass das Wunder geschehen ist?"
Aus der Wunderfrage ergeben sich oft konkrete Hinweise, wie für den Coachee eine Lösung aussehen könnte. Die lebhafte Vorstellung eines Wunders wirkt zudem sehr motivierend.
Ressourcenorientierte Fragen: Ressourcenorientierte Fragen helfen dem Coachee, interne und auch externe Möglichkeiten und Fähigkeiten zu entdecken, an die er bisher vielleicht nicht gedacht hat. Sie ermuntern ihn, von anderen Hilfe einzufordern und lenken die Aufmerksamkeit auf eigene Stärken.
Eine Frage, die auf die internen Ressourcen abzielt, wäre: „Welche Ihrer Fähigkeiten und Stärken könnte Ihnen bei der Lösung des Problems helfen?"
Fragen nach externen Ressourcen wären: „Wer oder was in Ihrer Umgebung könnte Ihnen bei der Problemlösung helfen?"; „Wie könnte ich Ihnen helfen?"
Diese beiden Fragetypen erlauben es, Wege zur Behebung von Schwierigkeiten und die dafür notwendigen Ressourcen zu entdecken. Deshalb sollten sie besonders in der Phase der Lösungssuche eingesetzt werden.



Übung: Fragen zur Ursachensuche

In der folgenden Übung geht es darum, wie Sie die Fragetechniken in einem Coaching-Gespräch einsetzen können.
Übersicht über die Fragetypen für die Ursachensuche
Konkretisierungsfrage (z. B.: „Was genau bedeutet immer?")
Frage nach Ausnahmen (z. B.: „Gibt es auch Situationen, in denen Sie keine Angst vor der Direktansprache haben?")
Zirkuläre Frage (z. B.: „Was macht A, wie reagieren Sie darauf, und welche Auswirkungen hat das wiederum auf A?")
Paradoxe Frage (z. B.: „Was müsste passieren, dass das Problem bestehen bleibt oder sich sogar noch verstärkt?")
Adlerfrage / Frage aus der Beobachterperspektive (z. B.: „Angenommen, ein Adler würde die Situation von oben aus betrachten, was würde er sehen?")
Im Anschluss werden knappe Ausschnitte aus Coaching- Gesprächen beschrieben. Ihre Aufgabe ist:
Kreuzen Sie den für die jeweilige Situation passenden Fragetyp an.
Tragen Sie dahinter ein, wie Sie die Frage formulieren würden.
Der Coachee sagt zum Coach: „Ich habe Angst, hauptberuflich bei der HMI zu arbeiten, weil ich die Verantwortung scheue."
Bitte formulieren Sie ein Beispiel für den gewählten Fragetyp:
D Konkretisierungsfrage D Frage nach Ausnahmen D Zirkuläre Frage D Paradoxe Frage D Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive.
Der Coachee sagt zum Coach: „Einer der Kollegen aus der Geschäftsstelle verbreitet schlechte Stimmung in meiner Struktur, indem er mich vor meinen GP verbal angreift. Wir können uns gegenseitig nicht ausstehen."
Bitte formulieren Sie ein Beispiel für den gewählten Fragetyp:
 Konkretisierungsfrage       
 Frage nach Ausnahmen
 Zirkuläre Frage
 Paradoxe Frage       
 Adlerfrage/Frage           


Der Coach stellt fest, dass sich der Coachee in ein Problem verrannt hat, weil er eine sehr subjektive Sicht hat, von der er sich nicht lösen kann.
Bitte formulieren Sie ein Beispiel für den gewählten Fragetyp:
Konkretisierungsfrage       
Frage nach Ausnahmen
Zirkuläre Frage       
Paradoxe Frage       
Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive       


Der Coachee sagt zum Coach: „Ich habe das Gefühl, dass mir die HMI nicht liegt. Vertrieb, das ist einfach nicht meine Sache."
Bitte formulieren Sie ein Beispiel für den gewählten Fragetyp:
Konkretisierungsfrage 
Frage nach Ausnahmen
Zirkuläre Frage
Paradoxe Frage
Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive


Der Coachee sagt zum Coach: „Meine GP haben keine eigenen Ziele. Deshalb führe ich erst gar keine ZVG mit ihnen."
Bitte formulieren Sie ein Beispiel für den gewählten Fragetyp:
Konkretisierungsfrage
Frage nach Ausnahmen
Zirkuläre Frage 
Paradoxe Frage
Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive



Übung: Fragen zur Ursachensuche - Lösungen

1. Der Coachee sagt zum Coach: „Ich habe Angst, hauptberuflich bei der HMI zu
arbeiten, weil ich die Verantwortung scheue."
p(Konkretisierungsfrage     (z. B.: „Was genau meinen Sie mit
, Verantwortung' ? ")
2. Der Coachee sagt zum Coach: „Einer der Kollegen aus der Geschäftsstelle
verbreitet schlechte Stimmung in meiner Struktur, indem er mich vor meinen
GP verbal angreift. Wir können uns gegenseitig nicht ausstehen."
Zirkuläre Frage    (z. B.: „Welchen Grund hat er, Sie verbal anzugreifen
und wie reagieren Sie auf seine Angriffe?")
3. Der Coach stellt fest, dass sich der Coachee in ein Problem verrannt hat, weil er
eine sehr subjektive Sicht hat, von der er sich nicht lösen kann.
jjtf Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive
(z. B.: „Angenommen, unser General würde vor diesem Problem stehen, wie würde er es sehen und was würde er wohl tun?")
Paradoxe Frage    (z. B.: Angenommen, Sie wollten erreichen, dass sich
das Problem sicher nicht löst, was müssten Sie tun?)
4. Der Coachee sagt zum Coach: „Ich habe das Gefühl, dass mir die HMI nicht liegt.
Vertrieb, das ist einfach nicht meine Sache."
(Frage nach Ausnahmen  (z. B.: „Liegen Ihnen alle Aufgaben in der HMI nicht,
oder gibt es auch Aufgaben, die Ihnen mehr liegen als andere, z. B. die Rekrutierung?")
Konkretisierungsfrage     (z. B.: „Was genau liegt Ihnen nicht?")
5. Der Coachee sagt zum Coach: „Meine GP haben keine eigenen Ziele. Deshalb
führe ich erst gar keine ZVG mit ihnen."
 Paradoxe Frage    z. B.: „Angenommen, Sie wollten, dass Ihre GP auch
in Zukunft keine eigenen Ziele bilden, wie könnten Sie das erreichen?")



Übung: Fragen zur Lösungssuche

In der folgenden Übung geht es um Fragen zur Lösungssuche.
Übersicht über die Fragetypen für die Lösungssuche
Paradoxe Frage (z. B.: „Was müsste passieren, damit sich das Problem verschärft?")
Adlerfrage / Frage aus der Beobachterperspektive (z. B.: „Angenommen, ein Adler würde die Situation von oben aus betrachten, welche Lösung würde er sehen?")
Ressourcenorientierte Frage (z. B.: „ Welche Ihrer Fähigkeiten und Stärken könnte Ihnen bei der Lösung des Problems helfen?" oder „Wer oder was in Ihrer Umgebung kann Ihnen helfen?")
Lösungsorientierte Frage (z. B.: „Woran würden Sie und woran würden andere erkennen, dass sich das Problem gelöst hat?")
Fallschilderung: Die Ursachensuche hat ergeben, dass das Problem an den hinderlichen Rahmenbedingungen, genauer an der fehlenden familiären Unterstützung liegt. Der GP klagt, er könne seine Termine nicht wahrnehmen, weil er kein Auto habe. Auf Nachfragen des Coaches stellt sich heraus, dass der GP zwar ein Auto besitzt, es sich aber mit seiner Frau teilen muss. Sie sei gegen die HMI eingestellt und würde deswegen keine Rücksicht auf seine Termine nehmen. Weil seine Familie nicht hinter ihm stehe, sehe er auch keinen Sinn darin, sich stärker in der HMI zu engagieren und weitere Konflikte mit seiner Frau zu riskieren.
Bitte tragen Sie für jeden Fragetyp jeweils eine Frage ein, die der Coach stellen könnte:
Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive:
Paradoxe Frage:
   


Übung: Fragen zur Lösungssuche - Lösungen
Fallschilderung: Die Ursachensuche hat ergeben, dass das Problem an den hinderlichen Rahmenbedingungen, genauer an der fehlenden familiären Unterstützung liegt. Der GP klagt, er könne seine Termine nicht wahrnehmen, weil er kein Auto habe. Auf Nachfragen des Coaches stellt sich heraus, dass er zwar ein Auto besitzt, es sich aber mit seiner Frau teilen muss. Sie sei gegen die HMI eingestellt und würde deswegen keine Rücksicht auf seine Termine nehmen. Weil seine Familie nicht hinter ihm stehe, sehe er auch keinen Sinn darin, sich stärker in der HMI zu engagieren und weitere Konflikte mit seiner Frau zu riskieren.
Beispiel für die Adlerfrage/Frage aus der Beobachterperspektive:
„Was würde ein guter Freund der Familie Ihnen raten, wie Sie mit diesem Problem umgehen sollen?"
Beispiel für die paradoxe Frage:
„Angenommen, Sie wollten, dass Ihre Frau weiterhin an der HMI zweifelt und Sie Ihnen weiterhin Steine in den Weg legt, wie könnten Sie das sicher erreichen?"
Beispiel für die ressourcenorientierte Frage:
„Gibt es andere Wege, ein Auto zu organisieren? Wie haben Sie es bisher geschafft, Ihre Frau von Ihren Zielen und Ideen zu überzeugen?"
Beispiel für die lösungsorientierte Frage:
„Wenn übernacht ein Wunder geschähe und das Problem wäre am nächsten morgen gelöst, woran würden Sie und woran würden andere als erstes erkennen, dass das Wunder geschehen ist?"


Was nehme ich aus diesem Abschnitt mit?
Situation

Sie sind auf der Stufe drei und seit zwei Jahren in der HMI. Sie geben sich stets viel Mühe mit der Einarbeitung neuer GP.
Ihr GP (der andere Rollenspieler) ist oft weit hinter seinen Zielen geblieben. Das lag vor allem daran, dass er es nicht geschafft hat, eine breite Struktur aufzubauen, weil er zu wenig GS-Teilnehmer hatte.
Sie haben Ihrem GP daraufhin alles genau gezeigt und ihn mehrmals begleitet. Führen durch Vorführen! Zusammen hatte dann alles auch ganz gut geklappt.
Trotzdem erreicht Ihr GP nach wie vor nicht seine Ziele; und das, obwohl Sie sich gerade mit ihm viel Mühe gegeben haben.
Sie haben nun mit Ihrem GP einem Gesprächstermin vereinbart, bei dem Sie den Schwierigkeiten Ihres GP auf den Grund gehen wollen. Der Termin steht nun an.
Bitte bereiten Sie sich gut auf die Fragetechniken vor, die Sie bei diesem Gespräch einsetzen möchten. Führen Sie dann das Gespräch so, wie Sie es auch in der Praxis tun würden
Dauer


Wille: Auffrischung und Vertiefung

Das Thema „Wille" wurde bereits im FdM-2 eingeführt. Bei Bedarf schauen Sie dazu ruhig noch einmal in Ihre Teilnehmerunterlagen aus dem FdM-2.
Übung: Reframing- Puzzle
Reframing ist eine wichtige Willenstechnik. Zur Auffrischung gibt es jetzt die Übung „Reframing- Puzzle".
Sie erinnern sich wahrscheinlich, dass man grundsätzlich jede Situation für jedes der drei Motive - Anschluss, Macht und Leistung - reframen kann.
In der folgenden Tabelle finden Sie vier Situationen, die manch einem GP in der HMI schwer fallen. Jede Situation ist mit den drei Motiven kombiniert.
In dem Kasten dahinter finden Sie verschiedene Reframing- Versuche. Für jede Kombination aus Situation und Motiv gibt es einen passenden Reframing- Versuch.
Ihre Aufgabe besteht nun darin, für jede Kombination aus Situation und Motiv das passende Reframing zu suchen. Wie Sie sehen, ist jede Kombination aus Situation und Motiv mit einer Nummer und jedes Reframing mit einem Buchstaben versehen. Bitte tragen Sie die richtigen Kombinationen in das entsprechende Feld der Tabelle ein.
Noch ein Tipp: Fangen Sie bei der Zuordnung mit den Reframing- Versuchen an, die am besten passen oder für die es wirklich nur eine mögliche Lösung gibt. Dann wird das Puzzle wunderbar aufgehen.


Übung: Bauchschmerzen bei der TTV

Reframing ist zwar oft sehr wichtig, letztlich aber nur eine Willensstrategie unter vielen. Das soll die folgende Übung zeigen.
Fallschilderung: Peter Raueisen weiß genau, wie wichtig die TTV für seinen Erfolg in der HMI ist. Trotzdem hat er buchstäblich Bauchschmerzen, wenn es um die TTV geht: Er findet bereits den Gedanken an das Telefonieren äußerst unangenehm, entwickelt Versagensängste (die er ansonsten nicht hat), hat schlechte Laune, lenkt sich mit anderen Dingen ab; und das alles, obwohl er die Gesprächsleitfäden gut beherrscht und genügend Gelegenheit zur Übung hatte. Die Ursachen für die Bauchschmerzen liegen eher in seinem Innern.
Was könnte Peter Raueisen unternehmen, um seine „Bauchschmerzen" bei der TTV zu überwinden oder trotzdem Termine abzuschließen?
Bitte diskutieren Sie den Fall mit Ihrem Sitznachbarn.
Blättern Sie bitte noch nicht weiter.


Die Willensstrategien im Einzelnen

Es lassen sich verschiedene Willensstrategien unterscheiden:
Ursachensuche/Bestandsaufnahme: Zunächst einmal sollte man mit einer Bestandsaufnahme beginnen. Was ist die Ursache für die Angst vor dem Telefon? Woran mag es liegen? Je besser man diese Ursache erkennt, desto näher ist man im Allgemeinen schon bei einer Lösung. Aber: Nicht immer findet man die Ursache auch. Manchmal ist sie verdeckt oder nur verschwommen erkennbar. Trotzdem sollte es ja vorwärts gehen. Hier sind nun die weiterführenden Willensstrategien gefragt.
Positive Selbstmotivation: Gerade in schwierigen Situationen, wenn „Kopf" und „Bauch" auseinanderklaffen, ist es vorteilhaft, wenn man sich durch positive Fantasien motivieren kann. Schaffen Sie es, trotz der Unlust, die Sie momentan vielleicht empfinden, einer Sache auch eine schöne Seite abzugewinnen? Können Sie sich dadurch motivieren, dass Sie sich die erwünschten Konsequenzen einer Tätigkeit plastisch ausmalen? Hier passt genau das Reframing hinein.
Emotionsmanagement: Nicht immer kann man seinen Gefühlen freien Lauf lassen. Gerade Motivationslöcher erfordern oft, Gefühle und Emotionen zu kontrollieren oder zu unterdrücken. Außerdem gibt es die verschiedensten Techniken, mit denen man sich in eine angenehme Stimmung versetzen kann.
Konzentrationsfähigkeit: Hier geht es darum, wie gut man seine Aufmerksamkeit auf das Wesentliche fokussieren kann. Die Fähigkeit, störende Reize ausblenden zu können, ist vornehmlich in schwierigen Situationen gefragt, etwa wenn man lustlos ist oder lieber etwas anderes machen würde. Wie gut können Sie sich zum Beispiel konzentrieren, wenn die Arbeit einmal langweilig ist oder wenn Sie ein anstrengendes Buch lesen?
Stressresistenz: Stressresistenz bezeichnet die Fähigkeit, seine Nervosität ablegen und sich selbst beruhigen zu können. Verfügen Sie über Techniken, die Sie entspannen lassen? Können Sie Ihre Aufregung gegebenenfalls gezielt abbauen?
Umweltkontrolle: Wenn störende Einflüsse der Umwelt die eigene Zielerreichung behindern, kann man sich oft dadurch behelfen, indem man eine andere Umgebung aufsucht und sich störenden Einflüssen entzieht. Oder man greift aktiv in die Umgebung ein, um die Störungen abzustellen. Diese beiden Strategien sind mit „Umweltkontrolle" gemeint. Ein einfaches Beispiel ist, das Fenster zu schließen, wenn draußen etwas passiert, das ablenkt oder nervt.
Fragebogen-Feedback zu Willensstrategien
Die meisten der oben genannten Willensstrategien lassen sich messen, außer Ursachensuche und Umweltkontrolle. Die übrigen Willensstrategien wurden mit dem Vorab- Fragebogen gemessen. Sie erhalten dazu Ihre persönlichen Ergebnisse. Bitte heften Sie den Ergebnisausdruck in Ihre Unterlagen ein.
Zur Erläuterung der einzelnen Willensstrategien dient jeweils eine typische Frage, mit welcher der entsprechende Bereich gemessen wurde.
Auf der rechten Seite der Auswertungstabelle finden Sie Ihre Ergebnisse, dargestellt als Balken und dann auch in Zahlen. Senkrechte Balken sind die Durchschnittswerte, die bei Führungskräften der HMI gemessen wurden.
Sie können nun Ihre Werte mit den Durchschnittswerten vergleichen. Liegen sie höher als der Durchschnitt, so verwenden Sie die betreffende Strategie häufiger als andere. Umgekehrt verhält es sich, wenn Ihre Werte darunter liegen.
Abweichungen kleiner als etwa 0,5 sollten dabei nicht stark ins Gewicht fallen. Bei größeren Abweichungen zeichnet sich eine Tendenz ab. Abweichungen über 1,0 können zum Anlass genommen werden, sich genauer mit dem betreffenden Bereich auseinanderzusetzen.
Insgesamt sollte man den Vergleich mit dem Durchschnitt aber nicht überbewerten! Selbst größere Abweichungen sind kein Grund dafür, sich zu beunruhigen. Zum einen sind Mittelwerte keine Sollwerte, d. h. die „durchschnittliche" Führungskraft liegt nicht immer richtig. Und: Wer will denn schon Durchschnitt sein?
Zum anderen gibt es nicht die optimale Willensstrategie: Einzelne Werte lassen sich immer nur vor dem Hintergrund Ihres gesamten Profils deuten. So könnte es durchaus sein, dass eine bei Ihnen festgestellte „Schwäche" bei einem dieser Werte nicht ins Gewicht fällt, weil Sie diese durch Stärken auf anderen Gebieten ausgleichen.
Wenn beispielsweise Ihr Wert für „positive Selbstmotivation" besonders niedrig ist (dies würde anzeigen, dass Sie relativ wenig Zeit mit dem Reframing verbringen, sich also eher selten positive Vorstellungen von den Folgen dessen machen, was Sie sich vorgenommen haben), so könnte es sein, dass Sie dennoch kaum mit Handlungsblockaden zu kämpfen haben, weil Sie es perfekt beherrschen, sich jederzeit in angenehme Stimmungslagen zu versetzen (Emotionsmanagement).
Idealwerte?
Im Allgemeinen empfiehlt es sich, ein möglichst breites Spektrum dieser Willensstrategien zu kennen und darüber flexibel verfügen zu können. Das spricht also dafür, möglichst hohe Durchschnittswerte bei sämtlichen Strategien zu fordern.
Dennoch ist es kaum möglich, verbindliche Richtwerte zu formulieren und vorzugeben, wie stark die einzelnen Willensstrategien Idealerweise ausgeprägt sein sollen. Dagegen sprechen drei Gründe:
1. Die Ergebnisse sind stark von dem eigenen Antwortverhalten gefärbt (z. B., ob man an die Fragen eher optimistisch oder pessimistisch herangeht). Manch einer mag also bei sämtlichen Strategien hohe Werte erreichen, hat aber vielleicht dennoch, wenn er ehrlich zu sich selbst ist, hier und da Nachholbedarf.
2. Es hängt sehr von der aktuellen persönlichen Situation ab, wie stark der Bedarf an der einen oder anderen Willensstrategie ist. Wer zum Beispiel seine Gefühle besonders deutlich erlebt, sie aber im Beisein anderer nicht „ausleben" kann (denken Sie etwa an eine Stewardess, die mit unfreundlichen Kunden zu tun hat, oder an einen GP der HMI, der mit einer Kundenbeschwerde umgehen muss), wird verstärkten Bedarf an Emotionsmanagement haben. Generell gilt: Je weiter Kopf und Bauch auseinanderklaffen, desto stärker ist der Wille gefragt.


Es ist also durchaus denkbar, dass man auch mit wenig Willensstärke gut durchs Leben kommt; etwa dann, wenn man nur selten auf innere Widerstände stößt (im FdM-2 ging es ja bereits darum, Ziele zu wählen, die möglichst gut mit den eigenen Motiven übereinstimmen).
Manche Menschen haben ausgeprägte Vorlieben für bestimmte Strategien. Sie beherrschen jedoch andere Strategien nicht oder verwenden sie zumindest nicht. Trotzdem scheinen sie bestens damit klarzukommen. Wenn jemand eine hohe Konzentrationsfähigkeit hat, sich also immer auf das gerade Anstehende konzentrieren kann, dann benötigt er möglicherweise die anderen Willensstrategien nicht.
Anders gesagt, hat jeder in Bezug auf die vorbenannten Strategien sein persönliches Profil. Das sollte bei der Beurteilung Ihrer Ergebnisse und der sich daran anschließenden Frage, inwieweit Übungsbedarf besteht, Berücksichtigung finden.
Training von Willensstärke
Willensstärke lässt sich trainieren! Im neueren amerikanischen Schrifttum wird der Wille deshalb auch mit einem Muskel verglichen: Man kann seine Willenskraft erschöpfen, aber auch durch Übung aufbauen. Bereits 1932 hat Johannes Lindworsky in seiner „Willensschule" verschiedene Übungen vorgeschlagen, die eine Steigerung des Willens erreichen sollten. Seine Teilnehmer mussten Seifenwasser trinken, Insekten schlucken oder sich mit rußgeschwärztem Gesicht in der Öffentlichkeit zeigen. Sie sehen: Das Dschungelcamp gab es bereits vor einem Dreivierteljahrhundert!
Die Übungen, die für dieses Training zusammengestellt wurden, sind etwas anders aufgebaut. Im Wesentlichen geht es darum, sich mit einem bestimmten Bereich genauer auseinanderzusetzen und sich dafür zu „sensibilisieren".
Zuvor erlauben Sie mir aber einen Hinweis: Erwarten Sie nicht zu viel von den Übungen! Auch wenn das manche Ratgeber und selbsternannte Gurus predigen mögen und deren Verheißungen verlockend klingen: Es gibt keinen „roten Knopf", den man nur zu drücken braucht, kein Allheilmittel, mit dem sich alles auf einen Schlag ändern ließe. Willensstrategien haben sich im Laufe der Zeit langsam und stetig entwickelt und verfestigt. Es ist unrealistisch (und wohl letztlich auch nicht wünschenswert), das durch einen Fingerzeig zu ändern.
Die Übungen, mit denen sich Willensstärke aufbauen lässt, sind stets mit etwas Aufwand verbunden, auch in zeitlicher Hinsicht. Denken Sie an eine Diät oder ein Fitnessprogramm: Es hilft wenig, nur einen Tag lang gesund zu essen oder ein einziges Mal Sport zu treiben. Übungen zur Verbesserung von Willensstrategien zeigen auch nur Wirkung, wenn man sie eine Zeit lang regelmäßig praktiziert. So lässt sich auch in kleinen Schritten Großes erreichen.


Die einzelnen Willensstrategien mit Übungen

Positive Selbstmotivation
Fantasien können Motive anregen. So funktioniert positive Selbstmotivation: Es wird Motivation erzeugt, die nicht von vornherein da ist, indem Fantasien bestimmte Motive hervorrufen.
Denken Sie nochmals an die Unterscheidung von Furcht- und Hoffnungsmotiven aus dem FdM-2. Durch positive Fantasien kommuniziert man mit seinen Hoffnungsmotiven - es sind die „weißen Tasten" auf der Motivationsklaviatur.
Wenn Sie hier niedrige Werte haben, dann können Sie sich offenbar nicht ganz so gut durch positive Fantasien selbst motivieren.
Was können Sie tun, um Ihre positive Selbstmotivation zu steigern? Hier gibt es drei Ansätze, die einander ergänzen:
1. Eigene Ziele setzen: Zunächst sollten Sie sich nach Möglichkeit solche Ziele setzen, hinter denen Sie auch wirklich stehen. Es sollten keine Zielkonflikte bestehen, außerdem sollten diese Ziele nach Möglichkeit Ihren eigenen Motiven entsprechen. Und schließlich sollten diese Ziele SMART sein. Um das alles sicherzustellen, gibt es ja im ZVG die 3K-Prüfung.
2. Reframing: Sie können Ihre unangenehmen Ziele (oder unangenehme Passagen auf dem Weg zum Ziel) reframen. Dazu gab es ja bereits die Übung „Refra-ming-Puzzle".
3. Vision: Idealerweise sollten Sie eine persönliche Vision haben, aus der Sie Ihre eigenen Ziele ableiten. Dazu wird es später das FdM-4 geben: den Visionsworkshop.
Emotionsmanagement
Emotionsmanagement bezeichnet die Fähigkeit, unerwünschte Emotionen abbauen und erwünschte Emotionen aufbauen zu können. Damit ist der Wirkungsbereich von Emotionsmanagement weiter als der von Selbstmotivation: Es sollen also nicht bestimmte Motive angeregt, sondern allgemein ein Gefühlszustand erreicht werden, der es erleichtert, seine Handlungsabsichten umzusetzen.
Emotionsmanagement basiert zuallererst auf der Fähigkeit, seine eigenen Emotionen differenziert erkennen und benennen zu können. Das ist eine Vorbedingung für Empathie; im Deutschen würde man den Begriff am ehesten mit Mitgefühl übersetzen. Es bezeichnet die Fähigkeit, sich in Gefühlslagen anderer Menschen hineinversetzen und auf sie angemessen reagieren zu können. Das betrifft also Ihren unmittelbaren und täglichen Umgang mit GP, Kunden oder Strukturhöheren.
Menschen unterscheiden sich beträchtlich darin, was bei ihnen eine angenehme Stimmung auslöst. Jeder kennt eine ganze Menge Tipps und Tricks, um sich in eine angenehme Stimmung zu versetzen. Es lohnt sich aber, sich dazu einmal gegenseitig auszutauschen. Oft entdeckt man dabei, dass man verschiedene Möglichkeiten, die offensichtlich auf der Hand liegen, bisher gänzlich übersehen hat.
Eine ausgezeichnete Idee ist es, zu singen. Erstaunlicherweise stellt sich der gewünschte Effekt, nämlich seine Stimmung aufzuheitern, unabhängig davon ein, ob man ein trauriges oder ein lustiges Lied anstimmt. Man muss sich allerdings oft erst einen Ruck geben. Singen Sie einfach das erste Lied, das Ihnen in den Sinn kommt.
Auch wenn man kein großer Sänger ist und über seine Versuche schmunzeln muss: Es erfüllt seinen Zweck. Versuchen Sie es doch einmal! Beginnen Sie zum Beispiel in der Dusche, beim Kochen oder beim Autofahren. Vielleicht versuchen Sie es auch einfach nur einmal mit Summen. Und irgendwann reicht es ja vielleicht zum „Superstar" auf der nächsten JAT!
Gute-Laune-Tipp: Notieren Sie sich hier bitte einen Tipp, der von einem Ihrer Kollegen genannt worden ist. Probieren Sie diesen Gute-Laune-Tipp einmal aus, möglichst noch in den nächsten Tagen.
Glücksanker: Bitte halten Sie sich hier Ihren Glücksanker fest:
Nehmen Sie sich ganz fest vor, diesen Glücksanker zu verwenden, wenn Sie ihn wirklich brauchen.
Weiter unten (ab Seite 31) finden Sie Exkurse zu den Themen „Emotionsmanagement" und „Umgang mit negativen Emotionen".
Konzentrationsfähigkeit
Niedrige Werte für Konzentrationsfähigkeit lassen darauf schließen, dass Sie sich nicht immer so gut konzentrieren können, wie Sie es sich wünschen; dass Sie öfter abgelenkt sind.
Am leichtesten fällt die Konzentration erfahrungsgemäß dann, wenn man etwas gerne tut, also wenn man intrinsisch motiviert ist. Intrinsische Motivation wurde bereits im FdM-2 besprochen.
Nun lässt sich auch die Fähigkeit, sich auf Dinge zu konzentrieren, die schwierig sind und keinen Spaß machen, durch Übung verbessern. Dazu eignen sich Meditationsübungen (s.u.).
Stressresistenz
Stressresistenz ist ein weiterer Bestandteil unserer Willensstärke: Wer besser mit Stress umzugehen weiß, kommt auch in schwierigen Passagen weiter und leichter vorwärts.
Es gibt verschiedene Entspannungstechniken, welche die Stressresistenz verbessern sollen. Dazu zählen autogenes Training, Atemtechniken oder Übungen zur Muskelentspannung. Einige solcher Übungen werden Ihnen im K-3 gezeigt.


Übung: Meditation - Der Baum

Konzentrationsfähigkeit und Stressresistenz lassen sich durch Meditation steigern. Meditation ist in vielen Kulturen der Welt verankert. Sie dient unter anderem dazu, Gedanken zu sammeln und Aufmerksamkeit für bestimmte Dinge zu schärfen. Das können religiöse Inhalte sein, müssen es aber nicht. Natürlich gibt es eine große Vielfalt möglicher Zugänge zur Meditation. Viele Menschen führen ihren Erfolg darauf zurück, dass sie durch Meditation gelernt haben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Meditation funktioniert über Wiederholung. Erfolgreiche Meister meditieren täglich. Eine Viertelstunde am Tag genügt.
Meditation durch gelenkte Gedanken - stellen Sie sich bildhaft folgendes vor:
Sie stehen auf einer Wiese und sehen in der Ferne einen schönen, groß gewachsenen Baum. Langsam nähern Sie sich diesem Baum. Sie schauen sich seinen
dicken und knorrigen Stamm genau an. Er ist fest mit dem Boden verwurzelt. Um
seine Wurzeln, die teilweise aus der Erde hervorragen, wächst Moos. Betasten Sie
dieses Moos: Wie fühlt es sich an? Folgen Sie dem Stamm langsam nach oben.
Betrachten Sie alles genau, lassen Sie sich keine Einzelheit entgehen. Folgen Sie
den dicken Ästen, von denen sich dünnere Äste abzweigen. Schauen Sie sich
alles an, bis zu den Zweigen und den grünen Blättern. Betrachten Sie in Ruhe
die feinen Adern auf den Blättern. Wie riechen die Blätter? Lassen Sie dann Ihre
Aufmerksamkeit wieder von den Blättern, Zweigen und Ästen    oben langsam
über den Stamm hinunter und zurück bis auf den Boden wandern, in dem der Baum verwurzelt ist.
Sie können dazu jederzeit wieder den Baum verwenden. Sie können die Übung aber auch mit anderen organischen Objekten durchführen, mit einem Ährenfeld, einer Blume etc.
Auffrischung: Studie zu Willensstärke in der HMI
Prof. Kehr hat zur Bedeutung von Willensstärke eine Studie mit Führungskräften aus der HMI gemacht. Sie wurde in der Generalrepräsentanz Axel Schwebcke durchgeführt. Das liegt nun schon ein paar Jahre zurück, aber die Ergebnisse sind nach wie vor aktuell.
Tatsächlich zeigte sich, dass die Willensstärke der FK einen deutlichen Einfluss auf die Erreichung ihrer Ziele hatte. Eine ergänzende Untersuchung zeigte, dass der Jahresumsatz der willensstarken FK im Durchschnitt um die Hälfte höher als bei den willensschwachen FK.
Auch wenn die Ergebnisse solcher Studien, die an Durchschnittsbetrachtungen festgemacht werden, nicht für jeden Einzelnen gelten - es gab einzelne GP, die Ausreißer waren -, so sind sie doch ein deutlicher Hinweis auf die Vorteile von Willensstärke.


Exkurs: Emotionsmanagement


Emotionsmanagement heißt im Kern, seine eigenen Emotionen gut zu kennen und angemessen mit ihnen umzugehen. Niedrige Werte für Emotionsmanagement lassen darauf schließen, dass Sie mit Ihren Emotionen nicht besonders gut umgehen können, sie nicht gut kontrollieren können.
Weiter unten (ab Seite 33) finden Sie einige Tipps zum Umgang mit negativen Emotionen. Wegen der begrenzten Zeit kann dies im Training nicht im Einzelnen besprochen werden. Aber schauen Sie das bei Interesse ruhig einmal für sich an.
Eine Voraussetzung für Emotionsmanagement besteht darin, dass man seine Emotionen (und auch die anderer Personen) gut erkennt und sie zu benennen weiß. Die entsprechende Übung zur Verbesserung des Emotionsmanagements zielt darauf ab, seine Emotionen über einen gewissen Zeitraum genauer zu beobachten und schriftlich festzuhalten. Dazu verwenden Sie am besten ein Emotionstagebuch.


Übung: Emotionstagebuch


Die Tagebuch-Übung ist geeignet, um sich nachhaltiger mit seinen eigenen Emotionen auseinanderzusetzen. Stellen Sie sich bitte vier Wochen lang jeden Abend die Fragen, die nachstehend aufgeführt sind. Nehmen Sie sich dazu etwa 10 bis 15 Minuten Zeit und notieren Sie die Antworten in einem Tagebuch.
In welchen Situationen habe ich heute deutliche Emotionen gespürt?

Was waren das für Emotionen? Benennen Sie diese Emotionen möglichst genau (vgl. die Emotionsbegriffe weiter unten).
Warum sind die Emotionen aufgekommen?

Habe ich den Emotionen entsprechend gehandelt, haben sie mein Verhalten beeinflusst?
Habe ich die Emotionen unterdrückt?
Bin ich zufrieden mit dem Verlauf?
Um die erlebten Emotionen zuordnen zu können und besser zu verstehen, ist es wichtig, das Kind auch einmal beim Namen nennen zu können. Falls Ihnen dazu manchmal die Begriffe fehlen, finden Sie im Folgenden zur Anregung einen Überblick über verschiedene Emotionsfamilien und -begriffe (aus Goleman 1997).
Emotionsfamilien und -begriffe im Überblick
Zorn: Wut, Empörung, Groll, Aufgebrachtheit, Entrüstung, Verärgerung, Verbitterung, Reizbarkeit, Feindseligkeit, Extremfall: Hass.
Trauer: Leid, Kummer, Freudlosigkeit, Trübsal, Melancholie, Selbstmitleid, Einsamkeit, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, pathologisch: Depression.
Furcht: Angst, Nervosität, Besorgnis, Bestürzung, Zaghaftigkeit, Bedenklichkeit, Grauen, Entsetzen, Schrecken, pathologisch: Phobie und Panik.
Freude: Glück, Vergnügen, Behagen, Zufriedenheit, Seligkeit, Entzücken, Erheiterung, Fröhlichkeit, Stolz, Erregung, Verzückung, Euphorie, Ekstase, Spaß, Rausch, Extremfall: Manie.
Liebe: Akzeptanz, Freundlichkeit, Vertrauen, Güte, Vernarrtheit, Kinder-, Nächsten- und Gottesliebe.
Überraschung: Schock, Erstaunen, Verblüffung, Verwunderung, pathologisch: Trauma.
Ekel: Verschmähung, Widerwille, Abneigung, Aversion, Überdruss.
Scham: Schuld, Verlegenheit, Kränkung, Reue, Demütigung, Bedauern, Zerknirschung, Peinlichkeit.


Exkurs: Umgang mit negativen Gefühlen

Es liegt nahe und ist wohl nur allzu menschlich, Emotionen, die uns im Wege stehen oder uns belasten, unterdrücken zu wollen. Gerade deshalb ist der Hinweis nötig, dass auch „unerwünschte" Emotionen hilfreich sein können. Hier bestehen Parallelen zum körperlich empfundenen Schmerz: Wenn er nicht auch seinen Sinn hätte (weil er zum Beispiel anzeigt, dass eine körperliche Funktion behindert wird), wäre die Fähigkeit, Schmerzen zu empfinden, wohl längst in der Evolution verloren gegangen. Ähnlich ist es mit Emotionen. So unterstreicht etwa die Trauer, dass schmerzhafte Erfahrungen erst verarbeitet werden sollten, bevor man zum „Business as usual", zum Alltäglichen zurückkehrt. Angst wiederum kann als Warnsignal verstanden werden, das auf Gefahren aufmerksam macht und eine verbesserte Vorsorge nahelegt.
Weil es trotzdem immer wieder Situationen gibt, in denen Emotionen wie Furcht, Wut oder Trauer uns eher im Wege stehen (auch hier die Parallele zum physischen Schmerz), finden Sie nachstehend eine knapp gehaltene Übersicht über Strategien und Techniken, um solche Emotionen abzumildern.
Aber machen wir uns nichts vor: Starke Emotionen kann man nicht so leicht kontrollieren. Sie führen ein Eigenleben. Trotzdem lässt sich auch bei negativen Emotionen der ein oder andere Tipp geben.
Umgang mit Ärger, Zorn, Wut
Entladung (die so genannte „Katharsis") funktioniert im Regelfall nicht. Sie kann zudem mit ärgerlichen Gegenreaktionen beantwortet werden (Aufschaukelung).
Nicht über die Ursachen des Ärgers nachdenken (hier droht die gedankliche Aufschaukelung).
Bei mäßigem Ärger: Ärgerliche Gedanken diskutieren. Sich durch abschwächende Informationen den Wind aus den Segeln nehmen (der andere konnte ja nicht wissen, wie sehr sein Verhalten mich stört etc.).
Bei starkem Ärger: Atemübungen (wird im K-3 vertieft); Muskelentspannung (wird auch im K-3 gezeigt). Umgebung suchen, wo der Ärger nicht weiter angefacht wird; Ablenkung finden (Spaziergang, Kino, Lesen, Sport).
Präventiv (d. h. zur Vorbeugung): Zynische oder feindselige Gedanken registrieren und aufschreiben.
Umgang mit Furcht Angst, Sorge
• Beunruhigende Gedanken möglichst früh erkennen (und dann aufschreiben).
• Beunruhigende Gedanken mit Freunden diskutieren.
• Bei starker Angst: Entspannungsübung (siehe K-3) machen.
• Bei Grübeleien: Entspannungsübung machen, Gedankenstopp einbauen (sich laut und fest „stopp" sagen).


Umgang mit Trauer und Melancholie

•    Leichte Formen von Trauer und Melancholie können durchaus sinnvoll sein (innere Einkehr, Selbstbesinnung).
•    Einfach für sich zu bleiben, birgt die Gefahr, dass zusätzlich das Gefühl des Alleinseins aufkommt.
•    Grübeleien möglichst vermeiden (Entspannungsübung, Gedankenstopp).
•    Deprimierende Gedanken aufschreiben und diskutieren.
•    Genüsse und Sinnesfreuden suchen (gutes Essen, Musik hören, Sex).
•    Soziale Ablenkung suchen (Team-Sport, Unterhaltung mit anderen).
•    Langfristige Möglichkeit: Selbstwertsteigerung durch gemeinnützige Tätigkeiten (Sportnachwuchs trainieren, sammeln für eine Stiftung, Engagement im Umweltbereich).


Überkontrolle - die Schattenseite des Willens

Einführung
Der Wille hat auch eine Schattenseite: Überkontrolle. Manche Menschen sind besonders befähigt, ihre Ziele auch dann noch wirksam zu verfolgen, wenn innere oder äußere Widerstände bestehen. Hierbei kann es aber vorkommen, dass sich die Stärke in eine Schwäche verkehrt. Die Personen haben dann möglicherweise den Zugang zu ihrem Kern verloren. Sie sind ausschließlich mit ihren bewussten Zielen beschäftigt und nehmen Bedürfnisse, die Körper und Seele haben, nicht mehr wahr (Beispiel: Workaholic). Insofern besteht bei Überkontrolle ein Ungleichgewicht zwischen Kopf und Bauch: Der Kopf beherrscht, ja tyrannisiert und unterdrückt den Bauch.
Vorab ein Hinweis zum Begriff „Uberkontrollierer": Die Bezeichnung „Uberkontrollierer" wird hier der besseren Lesbarkeit wegen verwendet. Damit ist jedoch keine Schwarz-Weiß-Malerei verbunden: Man ist nicht entweder Uberkontrollierer oder keiner. Wie weiter unten ausgeführt wird, setzt sich Überkontrolle aus verschiedenen Schattierungen zusammen, und es kann durchaus sein, dass eine Person nur in einem bestimmten Bereich zu Überkontrolle neigt
Zwei Facetten von Überkontrolle
Überkontrolle setzt sich im Wesentlichen aus zwei Facetten zusammen. Einerseits neigen Uberkontrollierer dazu, fremde Ziele bereitwillig zu übernehmen, ohne dabei eigene Bedürfnisse zu berücksichtigen. Andererseits tendieren sie dazu, bei der Umsetzung von Zielen hart gegen sich selbst zu sein, also erneut eigene Bedürfnisse und Gefühle zu vernachlässigen.
Was die zweite Facette von Überkontrolle betrifft, die Vernachlässigung eigener Bedürfnisse bei der Umsetzung von Zielen, so lässt sich ein autoritärer und ein demokratischer Selbstführungsstil unterscheiden.
Eine Person mit demokratischer Selbstführung versucht, die verschiedensten Bedürfnisse und Neigungen, die sie in sich verspürt, mit den Zielen, die sie für wichtig hält, zu verbinden. Das bedeutet in diesem Zusammenhang „demokratisch". So verhält sich diese Person das eine Mal sehr zielbewusst und konsequent, ein anderes Mal wiederum gänzlich lustbetont, entsprechend ihren Bedürfnissen und Neigungen. Alles eben zu seinerzeit.
Demgegenüber stellt eine Person mit autoritärer Selbstführung ihre Ziele voran und ordnet ihnen alle Neigungen und Bedürfnisse unter. Sie hält es für wichtig, hart gegen sich zu sein, um vorwärts zu kommen.
„Was nutzt muss weh tun!" wäre ein typischer Glaubenssatz einer solchen Person. Man mag vielleicht meinen, dass derartige Glaubenssätze eher auf frühere Generationen zugeschnitten seien und sich mit der gegenwärtigen „Spaßkultur" nicht vereinbaren ließen. Wie unsere Forschung und auch die Erfahrungen bei unseren Trainings zeigen, sind solche Einstellungen aber gerade bei Nachwuchskräften in den aufstrebenden Branchen der New Economy verbreitet: bei Software-Spezialisten, Investment-Bankern oder Internet-Brokern. Je mehr Zeit im Büro verbracht wird, je blasser die Gesichtsfarbe, je weniger Gelegenheiten für spontane Unternehmungen bleiben, desto erfolgreicher und gefragter scheint jemand zu sein. Und das gilt ganz bestimmt auch für einige Vertriebsbeauftragte der HMI.
Fehlendes Problembewusstsein
Fakt ist, dass die Betroffenen selbst in der Regel kein Problembewusstsein für Überkontrolle haben. Hier unterscheiden sie sich deutlich von Menschen, denen es an Willensstärke mangelt. Während Letztere zumeist selbst wissen (oder ahnen), dass ihnen die Fähigkeit abgeht, sich in schwierigen Situationen selbst zu motivieren, wollen es Überkontrollierer oft nicht wahrhaben, dass autoritäre Selbstführung gravierende Nachteile haben kann.
Überkontrollierer halten sich für eine Ausnahme und meinen, dass die bisherigen Erfolge gerade ihrer herausragenden Selbstdisziplin zu verdanken sind und Misserfolgen nur durch großen Einsatz und strenge Selbstbeherrschung beizukommen ist.
„Und wo liegt das Problem?", könnte man versucht sein, zu fragen. Jeder Mensch ist anders, und es könnte ja durchaus möglich sein, dass das, was hier als „Überkontrolle" bezeichnet wird, tatsächlich für manche das Erfolgsrezept ist. Auch wenn sich Überkontrollierer vielleicht weniger gut fühlen als andere - das zeigt die Forschung -, so wäre das vielleicht zu verschmerzen, wenn derartige Nachteile durch herausragende berufliche Erfolge aufgewogen würden. Wie also steht es um den Erfolg von Überkontrollierern? Erreichen diese Menschen mehr als andere?
Studie in der HMI
Auch hierzu gibt es Zahlen aus der Untersuchung, die in der Generalrepräsentanz Axel Schwebcke durchgeführt worden ist. Zunächst wurde untersucht, wie sich Überkontrolle auf die Zielerreichung der Führungskräfte auswirkt.
Die Studie ergab: FK mit einer geringen Fähigkeit zur Selbstkontrolle erreichen ihre Ziele nicht allzu gut. Dann, mit zunehmender Selbstkontrolle, verbessert sich die Zielerreichung. Das Maximum ergibt sich bei einer mäßig stark ausgeprägten Selbstkontrolle. Bei hoher Selbstkontrolle (Überkontrolle) allerdings fällt die Zielerreichung rapide ab: Überkontrollierer erreichen ihre eigenen Ziele nicht so gut.
Dieser Befund steht im Widerspruch zum Selbstbild der Überkontrollierer, die häufig davon überzeugt sind, dass ihre autoritäre Selbstführung eine wichtige Erfolgsbedingung darstellt.
Das Ergebnis beschreibt also eine Kurve in der Form eines Bumerangs: Es gibt ein Zuwenig, aber, und das ist das Wichtigste, es gibt auch ein Zuviel. Idealerweise sollte man sich im Mittel bewegen.
Die Auswertung der Umsatzzahlen ergab, dass der Jahresumsatz der Überkontrol-lierer im Durchschnitt um die Hälfte unterhalb der Vergleichsgruppe lag.
Auch wenn die Ergebnisse solcher Studien, die an Durchschnittsbetrachtungen festgemacht werden, nicht für jeden Einzelnen gelten - es gab ein paar GP, die Ausreißer waren -, so sind sie doch ein deutliches Warnsignal für Gefahren und Nachteile von Überkontrolle.
Optimal ist eine mäßig hohe Selbstkontrolle.
Fragebogen-Feedback zu Überkontrolle
Mit dem Vorab- Fragebogen wurden verschiedene Aspekte von Überkontrolle gemessen. Sie erhalten dazu Ihre persönlichen Ergebnisse. Bitte heften Sie den Ergebnisausdruck in Ihre Unterlagen ein.
Zur Erläuterung der Bereiche von Überkontrolle dient jeweils eine typische Frage, mit der sie gemessen wurden.
Auf der rechten Seite der Auswertungstabelle finden Sie Ihre Ergebnisse, dargestellt als Balken und dann auch in Zahlen. Senkrechte schwarze dünne Balken markieren die Durchschnittswerte, die bei FK der HMI gemessen wurden.
Sie können nun Ihre Werte mit den Durchschnittswerten vergleichen. Abweichungen kleiner als etwa 0,5 sollten dabei nicht stark ins Gewicht fallen. Bei größeren Abweichungen zeichnet sich eine Tendenz ab. Abweichungen über 1,0 können zum Anlass genommen werden, sich genauer mit dem betreffenden Bereich auseinanderzusetzen.
Wie bereits oben gesagt kann es bei sämtlichen Selbstkontroll-Bereichen sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig geben. Besonders niedrige Werte lassen auf Unterkontrolle schließen, der durch bestimmte Übungen begegnet werden kann. Besonders hohe Werte dagegen sind als Indiz für Überkontrolle zu verstehen. Hier sind Maßnahmen und Übungen zur Reduzierung von Überkontrolle sinnvoll, auf die im Folgenden das Augenmerk gelegt wird.
Vorab sei bemerkt: Überkontrolle geht häufig mit fehlendem Gespür für eigene Bedürfnisse, Gefühle und Bauchmotive einher. Zur Verminderung von Überkontrolle eignen sich deshalb grundsätzlich alle Übungen, die den Bauchbereich, also die eigenen Emotionen und Bedürfnisse, in das Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.

Planungsneigung

Hier geht es darum, wie Projekte oder auch einfach nur Tage angegangen werden. Planen Sie oft oder lassen Sie häufig offen, wie Sie den Tag verleben oder wie bestimmte Projekte erledigt werden?
Einerseits ist Planung ohne Zweifel wichtig, um in einer vernetzten und dynamischen Welt bestehen zu können. Im Großen wie im Kleinen misslingen viele Projekte, weil es der Planung nicht gelingt, ihre Dynamik zu erfassen und angemessen damit umzugehen. Auf der anderen Seite kann eine übersteigerte Planung verschiedene Nachteile mit sich bringen.
Planung kann die Flexibilität beeinträchtigen. Sie nimmt den Raum für spontane Unternehmungen und erschwert deshalb die Befriedigung spontaner Bedürfnisse. Mit der Planung entsteht häufig ein Tunnelblick: Es wird nur noch das wahrgenommen, was in der Planung vorgesehen ist. Günstige Gelegenheiten werden nicht mehr erkannt, Wege, die sich unerwartet auftun, nicht gegangen.
Außerdem bindet und verzehrt Planung Ressourcen: Planen kostet Zeit und Geld. Man kann nicht gleichzeitig planen und handeln. Es gibt Menschen, die sich intensiv mit ihrer Situation beschäftigen und jede Einzelheit berücksichtigen, wie sich was ändern ließe. Nur: Sie handeln nicht.
Was lässt sich bei einer allzu ausgeprägten Planungsneigung empfehlen? Es empfiehlt sich, mit kleinen „Testballons" zu starten und zu prüfen, ob man nicht auch mit ungeplanten Situationen umgehen kann. Wegen des schlecht kalkulierbaren Risikos sollte man damit nicht im Beruf, sondern eher in der Freizeit beginnen. Nehmen Sie sich einmal einen ungeplanten Feierabend vor und überlassen Sie es anderen oder dem Zufall, was genau geschieht.
Setzen Sie diese Versuche mit einem ungeplanten Wochenende, vielleicht mit einem spontanen Kurzurlaub fort. Wenn Sie mit solchen ungeplanten Situationen gute Erfahrungen gemacht haben, werden Sie sehen, dass sich dies automatisch auch ein wenig auf den Beruf überträgt. Auch dort ist manchmal etwas weniger Planung mehr.
In welchen Bereichen können Sie etwas weniger planen? Notieren Sie bitte diese Bereiche hier:


Absichtserinnerung

Natürlich ist es wichtig, einmal gefasste Absichten und Vorsätze nicht zu vergessen. Ansonsten wäre es uns nicht möglich, längerfristige Ziele und Projekte zu verfolgen, weil jede Unterbrechung das Aus bedeuten würde. Die Aufgabe, uns daran zu erinnern, hat das Absichtsgedächtnis übernommen. Eigentlich sollte es uns immer genau dann an etwas erinnern, wenn die Gelegenheit gerade günstig ist. Sich an den Brief in der Tasche zu erinnern, wenn wir an einem Briefkasten vorbeilaufen (das Beispiel geht auf Kurt Lewin zurück, einen der Väter der Motivationspsychologie), ist sinnvoll.
Andererseits meldet sich das Absichtsgedächtnis häufig gerade dann zu Wort, wenn es eigentlich nicht passt. Das kann verschiedene Nachteile mit sich bringen. Der Gedanke an unerledigte Absichten und Vorsätze zieht uns aus dem heraus, was wir gerade tun. Das stört, hält auf und kann unter Umständen auch dazu führen, dass einem Fehler unterlaufen. Außerdem sind die Gefühle, die mit Gedanken an unerledigte Absichten einhergehen, in aller Regel negativ: Oje, was muss ich noch alles erledigen!
Im günstigen Fall ist man gerade intrinsisch motiviert und arbeitet an etwas, das einem gefällt und die aktuellen Bedürfnisse befriedigt. Dann aber erinnert man sich an etwas Unerledigtes und wird herausgerissen. Die Arbeit gerät ins Stocken und man fühlt sich obendrein schlecht dabei.
Es fällt nicht leicht, Empfehlungen gegen überhöhte Absichtserinnerung zu geben. Die Theorie sagt: „Das Absichtsgedächtnis entlasten!", und meint damit: Absichten aufschreiben und einen Terminplaner verwenden.
Nun dürfte dieser Tipp in der Praxis oft ins Leere gehen, weil doch die meisten Betroffenen ohnehin bereits all ihre Absichten aufschreiben und dennoch von Gedanken an Unerledigtes heimgesucht werden. In jedem Falle sollten Sie auf gelbe Zettel oder Ähnliches verzichten, die schnell mal verschwinden und das Absichtsgedächtnis nicht wirklich entlasten („Wo war noch der gelbe Zettel?").
Sinnvoller dagegen wäre, verstärkt solche Absichten und Ziele zu bilden, die mit den eigenen Bedürfnissen konform gehen. Es macht dann mehr Spaß, an diese Absichten zu denken, man wird seltener aus seiner Arbeit herausgerissen, und wenn es doch passiert, entstehen keine unangenehmen Gefühle, sondern es kommt eher Vorfreude auf. Weiter unten gibt es dazu die Übung „Zielvisualisierung".
Schließlich sollten Ihre Ziele nicht zu schwer sein. Dafür sollte im ZVG ja auch die Smart-Prüfung dienen, die Sie bereits aus früheren FdM-Trainings kennen.
Bei geringer Absichtserinnerung erscheint es angezeigt, seine Absichten zunächst einmal aufzuschreiben. Nach Möglichkeit sollte man auch hier ein systematisches Planungsinstrument verwenden, das allerdings vielleicht nicht bis in die feinsten Planungsstufen hinein ausgearbeitet zu werden braucht.



Verlockungsunterdrückung


Wenn Kopf und Bauch auseinanderklaffen, dann ist es wahrscheinlich, dass sich der Bauch in Form von störenden Impulsen meldet. Man erlebt das als unangenehme Verlockung oder störende Ablenkung. Hier braucht es die Fähigkeit, solche Verlockungen kontrollieren oder unterdrücken zu können.
Verlockungsunterdrückung ist allerdings eine zweigesichtige Willensstrategie: Einerseits ist es wichtig, resistent gegenüber unerwünschten Verlockungen zu sein. Andererseits zeigen Verlockungssituationen die Möglichkeit an, seine aktuellen Bedürfnisse leicht und unmittelbar zu befriedigen. Verlockungssituationen und andere unwillkürliche Impulse können deshalb als Signale für günstige Gelegenheiten zur Bedürfnisbefriedigung verstanden werden. Dafür entwickeln Menschen mit besonders starker Verlockungsunterdrückung einen „blinden Fleck". In solchen Fällen werden wahrscheinlich eigene Bedürfnisse zu sehr außen vorgelassen.
Bei Überkontrolle ist es fast immer ratsam, sich Ziele zu setzen, die gut mit eigenen Bedürfnissen übereinstimmen. Denn dann braucht es keine Verlockungsunterdrückung mehr. Dazu gibt es weiter unten die Übung „Zielvisualisierung".
Außerdem können Sie direkt versuchen, eine überstarke Verlockungsunterdrückung abzuschwächen. Natürlich läuft das nicht darauf hinaus, sämtlichen Bedürfnissen und Verlockungen nachzugeben; das mag zwar der Idealzustand eines Dreijährigen sein, lässt sich aber mit der Notwendigkeit, Belohnungen aufzuschieben, um langfristige Ziele erreichen zu können, nicht vereinbaren.
Es geht vielmehr darum, Verlockungssituationen bewusster wahrzunehmen und seinen Entscheidungsspielraum zu vergrößern. Wenn man schon eine Diät bricht, dann sollte die Schokolade wenigstens gut sein!
Fremdbestimmtheit
Es ist wohl normal, dass wir häufig mit den Erwartungen anderer Menschen konfrontiert werden: Kollegen, Familienmitglieder, Freunde und Bekannte haben Ansprüche, die sie mehr oder weniger deutlich an uns herantragen. Prinzipiell ist es wichtig, sich Erwartungen nicht zu verschließen - auch das gehört zur sozialen Kompetenz.
Oft ist man bemüht, die Erwartungen anderer bestmöglich zu erfüllen. Das kann dazu führen, dass in Beruf und Freizeit gar nicht mehr wir bestimmen, was wir tun, wann wir es tun und wie wir es zu tun haben. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich zudem, wenn die an uns gestellten Erwartungen widersprüchlich sind (etwa die Ansprüche von Familie und Geschäftspartnern oder Strukturhöheren).
Interessant ist dabei, dass sich der Einfluss des sozialen Umfeldes vor allem auf den Kopfbereich auswirkt und die Bildung von Zielen, Plänen und Projekten beeinflusst. Der Bauchbereich mit seinen tiefer liegenden Motiven bleibt dagegen - nimmt man das Kindheitsstadium aus - von diesen Einflüssen weitgehend unberührt.
Andererseits ist der Grad der als beeinträchtigend empfundenen Fremdbestimmtheit nicht immer so hoch, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zwar klagen gerade Manager aus mittleren Führungsebenen häufig darüber. Die Analyse ergibt dann jedoch oft, dass die Fremdbestimmtheit letztlich doch auf wenige Bereiche beschränkt ist. So empfanden Manager einer Handelskette die Gepflogenheit ihres Unternehmens, Anwesenheitszeiten zu kontrollieren, nach eingehender Diskussion nicht mehr als beeinträchtigend, da sie ohnehin mehr als die geforderte Zeit im Unternehmen verbringen. Als echte Form der Fremdbestimmtheit wurde dagegen die Eigenart gewertet, ihnen per Mail ungefragt Besprechungstermine aufzunötigen.
Um besser mit Fremdbestimmtheit umgehen zu können, empfiehlt es sich also, zunächst zwischen milden, tolerierbaren und starken, beeinträchtigenden Formen zu unterscheiden. Sie können Fremdbestimmtheit Ihrer GP dadurch verhindern, dass Sie konsequent mit Ihren GP im ZVG die 3K-Prüfung durchführen.
Die Forschung hat deutlich gezeigt, dass Menschen, die fremdbestimmte Ziele verfolgen, weniger erfolgreich sind als andere. Und selbst, wenn sie diese Ziele mit großer Anstrengung dann doch erreicht haben sollten, fühlen sie sich danach nicht wirklich gut, sondern vielmehr ausgelaugt.
Vielleicht ist bei Ihnen die Fremdbestimmtheit aber auch besonders gering. Grundsätzlich kann die Fähigkeit, Erwartungen anderer zu erkennen und darauf einzugehen, auch zu gering ausgeprägt sein. Das betrifft die Fähigkeit zu Mitgefühl, Empathie. Darauf geht das K-3 ein.


Negative Selbstmotivation


Negative Selbstmotivation funktioniert über negative Fantasien. Sie bilden das Gegenstück zu den positiven Fantasien, die oben im Zusammenhang mit positiver Selbstmotivation behandelt worden sind. Wie stark neigen Sie dazu, sich in schwierigen Situationen durch negative Fantasien zu motivieren oder sich auszumalen, was im schlimmsten Falle passieren könnte?
Auch negative Fantasien können eine Motivationssteigerung bewirken - denken Sie daran, wie sich kurz vor Produktionsschluss bisweilen schier Unmenschliches leisten lässt. Deshalb sind auch negative Fantasien nicht grundsätzlich von Nachteil - es sind die „schwarzen Tasten" der Klaviatur. Aber sie regen eben Furchtmotive an und bewirken so eine Furchtmotivation, die nicht als angenehm empfunden wird.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert: Ob man ein zur Hälfte gefülltes Glas als halb voll oder als halb leer betrachtet, verändert den Flüssigkeitsstand im Glas nicht. Es hat aber durchaus Einfluss darauf, wie man sich dabei fühlt!
Wenn Sie sich besonders stark durch negative Fantasien motivieren, sollten Sie sich noch einmal die Übung „Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden" aus dem FdM-2 vornehmen.
Wenn Sie sich aber nachhaltiger damit auseinandersetzen möchten, was Ihre negativen Fantasien auslöst und wie Sie mit diesen Situationen umgehen, dann empfiehlt sich die Übung „Emotionstagebuch" (ab Seite 31).



Übung: Zielvisualisierung
Viele Merkmale von Überkontrolle lassen sich letztlich auf ein Problem zurückführen: dass die Ziele nicht zu den Bauchmotiven und Bedürfnissen passen. Wenn das so ist, dann fehlt der Zielverfolgung die Unterstützung durch die Bauchmotive: Was immer Sie tun, Ihnen fehlt der Spaß dabei. In solchen Situationen neigen viele Menschen zu Überkontrolle:
• Absichtserinnerung: Sie ermahnen sich immer wieder, dass Sie noch etwas für die Zielerreichung tun müssen.
• Verlockungsunterdrückung: Weil Sie keine Freude an der Zielverfolgung haben, gibt es immer wieder andere Dinge, die Sie viel lieber machen würden. Diese Ablenkungen und Verlockungen müssen dann bewusst unterdrückt werden.
• Negative Selbstmotivation: Wenn das Ziel nicht zu den Bauchmotiven passt, macht die Zielverfolgung keinen Spaß. Hier motiviert man sich oft mit negativen Phantasien - „Was, wenn ich das Ziel nicht erreiche?"
• Fremdbestimmtheit: Sie ist weniger Folge als Ursache von Überkontrolle. Wenn Sie sich Ziele aufzwingen lassen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die nicht zu Ihren Bauchmotiven passen.
Ihre Ziele befinden sich in Ihrem Kopf. Ihre Motive und Bedürfnisse allerdings liegen im Bauch. Zwischen Kopf und Bauch - das wissen Sie aus dem FdM-2 -herrscht Funkstille. Beide Bereiche funktionieren unabhängig voneinander. Das Problem ist, dass wenn Sie sich Ziele in den Kopf setzen, es reine Glücksache ist, ob diese dann zu Ihren Motiven und Bedürfnissen passen.
Deshalb muss es Ihnen gelingen, eine Verbindung zwischen Kopf und Bauch herzustellen. Die Verbindung vom Kopf zum Bauch erreichen Sie über Bilder. Die weitgehend abstrakten Ziele (z. B. „10% mehr Umsatz schreiben") müssen in Bilder übersetzt werden, damit der Bauch sie verstehen kann.
Der Bauch antwortet dann über Emotionen, aus denen Sie ablesen können, ob das Ziel zu Ihren Motiven passt (dann entstehen positive Emotionen) oder eben nicht (dann entstehen negative Emotionen).
Basierend auf der Idee, dass Kopf und Bauch über Bilder und Emotionen miteinander kommunizieren können, hat Prof. Oliver Schultheiss von der Universität Erlangen eine wirksame Methode entwickelt und auch wissenschaftlich erprobt: die Zielvisualisierung.
Bei der Zielvisualisierung geht es darum, dass man seine Emotionen als Wegweiser bei der Zielwahl benutzt, denn sie sind das Sprachrohr unserer Motive. Die Emotionen entstehen, indem die Ziele in Bilder übersetzt werden. Dazu sind das Ziel und vor allem der Weg zum Ziel möglichst anschaulich auszumalen.



Die Visualisierung geschieht in vier Schritten:

Schritt 1: Persönliches Ziel auswählen
Bitte wählen Sie sich zunächst ein persönliches, eher kurzfristiges Ziel aus.
Schritt 2: Ziel in Handlungsschritte zerlegen
Überlegen Sie sich, welche Handlungen mit der Zielerreichung verbunden sind; wie also der Weg dorthin aussieht, also das, was Sie tun müssen, um ans Ziel zu gelangen.
Schritt 3: Handlungsschritte visualisieren und auf Emotionen achten
Schließen Sie die Augen und gehen der Reihe nach den Weg der Zielverfolgung durch. Achten Sie darauf, mit welchen Emotionen die einzelnen Schritte verbunden sind. Sind das eher positive oder negative Gefühle?
Schritt 4: Emotionsbilanz ziehen
Ziehen Sie ein Resümee: Waren die Emotionen bei der Zielvisualisierung insgesamt eher positiv? Dann können Sie sich guten Gewissens an das Ziel heranwagen. Denn positive Emotionen sind das beste Zeichen dafür, dass das Ziel zu Ihren Motiven passt.
Machen Sie zuerst jeder für sich die ersten beiden Schritte der Zielvisualisierung (Zerlegung des Ziels in Abschnitte und deren Visualisierung).
Schritt 3, die Emotionsbilanz, führen Sie gemeinsam mit Ihrem Sitznachbarn durch. Tauschen Sie sich über Ihre Emotionen aus und diskutieren Sie bitte, ob es sich wohl um ein Motivpassendes Ziel handelt.



Was nehme ich aus diesem Abschnitt mit?

Übung: Motive der Promis
Bitte Tragen Sie - zunächst noch jeder für sich - in die Felder der Tabelle ein, wie Sie die Stärke der sechs Motive bei Harald Schmidt einschätzen und begründen Sie Ihre Entscheidung.
Vergleichen Sie anschließend Ihre Ergebnisse in der Gruppe und diskutieren Sie die Unterschiede.


Motive: Auffrischung und Vertiefung

Das Thema „Motive" wurde recht ausführlich im FdM-2 besprochen. Bei Bedarf schauen Sie dazu ruhig noch einmal in Ihre Teilnehmerunterlagen aus dem FdM-2.

Übung: Die Motive des idealen HMI-Geschäftspartners
Die beste Antwort auf die gestellte Frage nach den Motiven eines idealen GP in der HMI ist: Es kommt darauf an! Grundsätzlich ist keine Motivstruktur den anderen überlegen. Entscheidend ist letztlich immer, dass die Anforderungen, die an einen GP gestellt werden, mit seinen Motiven im Einklang stehen.
Für jede Motivkombination lassen sich also besonders geeignete, aber auch weniger geeignete Aufgaben finden. Deshalb ist es wichtig, kein Schubladendenken zu entwickeln.
So sind Leistungsmotivierte etwa dann im Vorteil, wenn es gilt, schwierige Projekte in Eigenregie anzugehen. Bei sich wiederholenden, langweiligen Tätigkeiten dagegen schneiden Leistungsmotivierte nicht unbedingt besser ab als andere. Teamarbeit wiederum ist bei Leistungsmotivierten häufig unbeliebt, weil sich hier keine individuellen Leistungsstandards festlegen lassen und vielleicht nicht alle Teammitglieder entsprechend bei der Sache sind. Dafür ist Teamarbeit das ideale Betätigungsfeld für Anschlussmotivierte. Die können hier außerordentliche Leistungen zeigen, was etwa bei Schwimmstaffeln belegt werden konnte. Machtmotivierte wiederum sind im Vorteil, wenn es gilt, andere Menschen zu führen oder zu beeinflussen.
Denkt man an die Unterscheidung von Furcht- und Hoffnungsmotiven, so sind Hoffnungsmotivierte vor allem dann im Vorteil, wenn Kreativität oder Innovationskraft gefragt sind. Aber auch Furchtmotive können Vorteile haben, etwa dann, wenn es um das analytische Durchdringen von Schwierigkeiten oder um Gefahreneinschätzung und -Vorsorge geht.
Würde ein Unternehmen nur aus Leistungsmotivierten bestehen, so würde zwar womöglich hochproduktive Forschung und Entwicklung betrieben, aber vielleicht am Markt vorbei gearbeitet werden. Anschlussmotivierte mögen zwar den Teamgeist beflügeln und das Betriebsklima aufhellen; aber von guter Stimmung allein wird kein Unternehmen überleben können. Machtmotivierte schließlich helfen, die nötigen Strukturen und Kontrollmechanismen einzurichten, die für die Stabilität eines Unternehmens sorgen. Dann wiederum können sie andere auch wieder bevormunden oder unterdrücken.
Gäbe es ausschließlich Hoffnungsmotivierte, dann bestünde die Gefahr des Aktionismus: neue Projekte würden schnell beschlossen, wären aber vielleicht unzureichend vorbereitet und nicht gegen Risiken abgesichert. Furchtmotivierte allein wiederum bringen nicht die Flexibilität und Innovationsstärke, die ein Unternehmen heutzutage braucht, und würden Entscheidungen auf die lange Bank schieben.
Und schließlich berührt das oben gestellte Rekrutierungsproblem auch das Menschenbild, das man besitzt: Angenommen, es gäbe zwei Kandidaten. Der eine hat eine glückliche Kindheit in einem liebevollen und unterstützenden Elternhaus genossen, stets Erfolg in Schule und Ausbildung gehabt etc.; Ängste sind dieser Person völlig fremd. Der andere dagegen hatte eine schwere Kindheit, musste sich oft allein durchboxen, hat in Schule und Ausbildung nicht bloß Erfolge erlebt; Existenzängste sind dieser Person nicht fremd, jedoch hat sie gelernt, damit umzugehen. Wen würde man lieber rekrutieren, wer ist der „Rohdiamant", wer könnte „Kronprinz" werden?
Systematische Selbstbeobachtung von Motiven
Die Übung „Motive der Promis" zeigt, dass es gar nicht so leicht ist, die Motive anderer Personen zu erschließen. Wir wissen nicht, welche Bauchmotive andere Personen haben und können nur vermuten. Man kann natürlich auch nicht ganz so leicht einfach von Beobachtungen auf die zugrunde liegenden Motive einer Person schließen. Dazu muss man sie schon sehr ausgiebig in vielen unterschiedlichen Situationen beobachten und auch wissen, wie sich die Person dann jeweils fühlt. Wenn man etwa von Harald Schmidt wüsste, dass er so sarkastisch ist, weil er Furcht hat, selbst zum Opfer von Witzen zu werden, würde man auf Macht/ Furcht schließen. Ohne dieses Wissen würde man ihn wohl eher hoch in Macht/ Hoffnung einstufen.
Um also die Bauchmotive durch Beobachtung zu erfassen, benötigen Sie mehr Informationen. So können Sie sich auch systematisch selbst beobachten. Die systematische Selbstbeobachtung ist der „Königsweg" der Motivmessung.
Man kann sich selbst in kritischen Situationen genauer beobachten und dabei vor allem auch auf Gefühle und Impulse achten, die im Verborgenen entstehen und oft nicht nach außen dringen. Dazu finden Sie nun einige Fragen zur Selbstbeobachtung.
Um seine Fähigkeit zur Selbsteinschätzung zu verbessern, sollte man sich solche Fragen regelmäßig stellen. Wenn man zudem die Antworten aufschreibt, kann man von Zeit zu Zeit Vergleiche ziehen und Entwicklungen erkennen.
Lesen Sie sich diese Fragen bitte in Ruhe durch.
Leistungsmotiv: Bin ich so betont leistungsmotiviert, wie ich mich oft gebe und auch selbst gern sehe? Suche ich auch dann, wenn niemand mich dabei beobachtet und es keinerlei Konsequenzen hat, nach persönlichen Herausforderungen? Oder kann ich, wenn nichts auf dem Spiel steht, auch einmal ruhig die Beine hochlegen? Sind es eher angenehme oder unangenehme Gefühle, die mich zur Leistung anstacheln? Geht es mir wirklich nur darum, meinen eigenen Leistungsmaßstäben gerecht werden zu wollen? Wenn ich zum Beispiel selbst meine, ein Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben, aber die äußere Anerkennung ausbleibt, bin ich dann trotzdem mit mir zufrieden (das würde auf ein hohes Leistungsmotiv schließen lassen)?

Machtmotiv: Welche Gefühle habe ich, wenn ich mit wichtigen und einflussreichen Personen zu tun habe? Freue ich mich darauf oder würde ich dem am liebsten ausweichen? Oder lassen mich derartige Situationen eher kalt? Macht es mir Spaß, andere zu beeinflussen, sie von meiner Meinung zu überzeugen? Habe ich Angst davor, dass mir das einmal nicht gelingen könnte, dass ich dadurch an Einfluss verlieren könnte? Wie wichtig ist mir die Anerkennung anderer? Wenn ich zum Beispiel selbst meine, bei einem Projekt geschludert zu haben, dessen ungeachtet aber Anerkennung von außen erhalte, bin ich dann trotzdem zufrieden (das würde auf ein hohes Machtmotiv schließen lassen)?
Anschlussmotiv: Macht es mir Spaß, andere Menschen kennen zu lernen? Oder bin ich vor allem offen für neue Kontakte, wenn ich meine, dass mir das auch von Nutzen sein könnte (das wäre eher das Machtmotiv)? Oder vor allem dann, wenn ich ganz sicher sein kann, dass ich auch gemocht werde? Wenn ich flüchtigen Bekannten begegne, würde ich dann der Situation häufig am liebsten aus dem Wege gehen (auch wenn das oft nicht funktioniert)? Muss ich mich manchmal überwinden, um aktiv auf andere zuzugehen (das würde auf eine hohe Furcht beim Anschlussmotiv schließen lassen)?
Es empfiehlt sich, sich diese Fragen von Zeit zu Zeit zu stellen. Sie können sich das als Hausaufgabe vornehmen. Idealerweise führen Sie dazu ein Lerntagebuch, das Sie stets bei sich tragen.

Exkurs: Veränderbarkeit von Motiven?
David McClelland, einer der Pioniere der Motivforschung, ging davon aus, dass sich Motive in den ersten Lebensjahren entwickeln. Das erklärt seine anfängliche Skepsis gegenüber Veränderbarkeit von Motiven. Trotzdem: Als sich Ende der 60er-Jahre für ihn die Chance ergab, mit indischen Jungunternehmern Motivtrainings durchzuführen, ergriff er die Chance. Sein Ziel war es, das Leistungsmotiv der indischen Jungunternehmer zu steigern.
Um ihr Leistungsmotiv zu steigern, lernten die Teilnehmer seiner Programme alles, was sie dachten oder taten, mit leistungsbezogenen Fantasien zu verbinden. Ausdrücklich sollte sich das nicht bloß auf den beruflichen Bereich beschränken, sondern sämtliche Lebensbereiche einschließen. Erwartungsgemäß erreichten die auf diese Weise Trainierten nach einigen Monaten mehr Leistungsfantasien.
Jahre später, im Rückblick auf seine Motivänderungstrainings, äußerte McClelland selbst die Auffassung, dass derartige Trainings zwar erfolgreich sein mögen, aber nicht, indem sie das Leistungsmotiv steigern, sondern indem sie Techniken verbessern, mit seinen Motiven umzugehen und das Leben zu meistern, z. B. über ZVG.
Neben dem Argument der Machbarkeit sprechen ethische Bedenken gegen den Versuch, Bauchmotive durch Trainings zu verändern. Kein Bauchmotiv ist an sich besser als die anderen, und auch ein momentan als hemmend erlebtes Motiv (etwa ein ausgeprägtes Furchtmotiv) kann sich vielleicht später einmal als hilfreich erweisen, weil es dann vor einer Gefahr warnt oder zu einer gründlicheren Analyse eines Problems drängt.
Das bedeutet aber nicht, dass man seinen Motiven hilflos ausgeliefert wäre. Sie verfügen über Willensstrategien, die es Ihnen erlauben, auch mit ungünstigen und hinderlichen Motivkonstellationen umzugehen. Außerdem können Sie, anstatt Ihre Motive zu ändern, den umgekehrten Weg gehen und Ihre Ziele und sonstigen Lebenspläne an den bestehenden Motiven ausrichten. Dazu gab es ja bereits die Übung „Zielvisualisierung".
Was nehme ich aus diesem Abschnitt mit?


Inspirierende Führung

In diesem Teil geht es um Ihren Führungsstil. Die vorangegangenen FdM-Trai-nings handelten von ZVG und KG, das sind grundlegende Führungsinstrumente. Jetzt ist der Feinschliff dran: die Art, wie Sie führen.
Inspirierende Führung bedeutet, den GP anzuregen und zu motivieren. Der GP sol über sich hinauswachsen und Dinge tun, die er zunächst für unmöglich gehalten hätte. Dazu muss die FK die Bauchmotive des GP erreichen.
Bei inspirierender Führung geht es auch darum, dass die Geführten wegkommen vom schnöden Eigeninteresse, und hinfinden zum Gemeinsamen, Höheren. Vielleicht kennen Sie den Spruch von John F. Kennedy: „Frag nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frag, was Du für Dein Land tun kannst!"
Inspirierende Führung motiviert Menschen für Veränderung und Wandel.
Die Bereitschaft zur Veränderung ist gerade in der HMI sehr wichtig. Denken Sie etwa an den Einstieg in die HMI, der für viele einen großen Schritt bedeutet, an den Wechsel vom Nebenberuf zur Hauptberuflichkeit, oder an die „Neue HMI" (neue Produkte, neue Geschäftsmodelle, neue Verträge, neue Instrumente zur Kundenberatung/Verkauf).
Die Führungsstile im Überblick
Es gibt nicht nur eine bestimmte Art, inspirierend zu führen. Inspirierende Führung ist ein Sammelbegriff für verschiedene Führungsstile.

Inspirierende Führung
Exzellenzorientierte Führung

Konventionelle Führung
Austauschorientierte Führung



Richtungweisende Führung

Fehlerorientierte Führung



Mitarbeiterorientierte Führung



Passive Führung
Laisser-faire-Führung






Inspirierende Führung

Inspirierende Führung setzt sich aus drei Führungsstilen zusammen: exzellenzorientierte Führung, richtungweisende Führung und mitarbeiterorientierte Führung.
Exzellenzorientierte Führung
Wer exzellenzorientiert führt, ist an Leistung interessiert. Er möchte die Effizienz steigern und sucht ständig nach neuen Wegen, wie sich Aufgaben besser lösen lassen. Wie lässt sich etwa der Finanzkompass verbessern, wie das Rekrutierungsgespräch optimieren?
Exzellenzorientierte Führung zeichnet sich auch dadurch aus, dass die FK ihre GP dazu bringt, ihre Aufgabe aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, Probleme in neuem Licht zu sehen und unterschiedliche Sichtweisen zuzulassen.
Richtungweisende Führung
Richtungweisende Führung bedeutet, dass die FK sich besonders dafür einsetzt, gemeinsam mit dem GP Ziele zu entwickeln. Dieser Prozess beginnt mit einer starken und überzeugenden Vision der FK, die den GP motiviert und die er sich zu Eigen macht.
Die Vision wird dann in konkrete Ziele und Maßnahmen übersetzt. Die FK verbreitet Zuversicht hinsichtlich des Gelingens.
Mitarbeiterorientierte Führung
Eine FK, die vorwiegend mitarbeiterorientiert führt, interessiert sich für die Belange des GP. Sie ist jederzeit für die beruflichen und privaten Probleme und Sorgen des GP zu sprechen. Sie ist dem GP ein wichtiger Ratgeber und hat vor allem dessen Wohlergehen im Sinn.
Mitarbeiterorientierte Führung bedeutet, dass man die Bauchmotive, Ziele und Fähigkeiten seiner GP gut kennt; und dass man versucht, die Arbeitssituation nach Kräften so zu gestalten, dass sie den Fähigkeiten und Bedürfnissen des GP möglichst entspricht, damit er sich gut entfalten kann.
Die FK zeigt dem GP, wie das Geschäft funktioniert und verbringt dazu viel Zeit mit ihm.


 
Konventionelle Führung

Konventionelle Führung setzt sich aus vier Führungsstilen zusammen: austauschorientierte Führung, fehlerorientierte Führung, passive Führung und Laisser-faire-Führung.
Austauschorientierte Führung
Austauschorientierte Führung setzt auf das Wechselspiel zwischen Leistung des GP und Gegenleistung durch die FK. Für die Anstrengungen des GP bietet die FK ihre Unterstützung an. Sie verdeutlicht, wer für bestimmte Leistungen verantwortlich ist. Sie spricht klar aus, was der GP erwarten kann, wenn die gesteckten Ziele erreicht worden sind. Außerdem zeigt die FK Zufriedenheit, wenn seine GP ihre Ziele erreichen und die Erwartungen erfüllen.
Die Forschung zeigt, dass der austauschorientierte Führungsstil, obwohl er zu konventioneller Führung zählt, eine wichtige Grundlage für inspirierende Führung ist.
Es ist wichtig, dass sich der GP auf seine FK verlassen kann, dass sie die Leistung erkennt und entsprechend zu würdigen weiß; dass der GP, wenn er sich anstrengt, mit der Unterstützung der FK rechnen kann; dass die FK zufrieden sein wird, wenn der GP seine Ziele erreicht.
Trotzdem: Austauschorientierte Führung an sich erzeugt noch keine Begeisterung oder emotionale Bindung.
Fehlerorientierte Führung
Wer fehlerorientiert führt, konzentriert sich vorwiegend auf Unregelmäßigkeiten, Fehler, Ausnahmen und Abweichungen von Vorschriften. Sieht die FK einen Fehler, verfolgt sie diesen konsequent. Sie macht andere auf ihre Fehler aufmerksam, damit die Anforderungen erfüllt werden.
Passive Führung
Wer passiv führt, handelt frei nach dem Motto: „Never touch a running system." Die FK wartet, bis etwas schief gegangen ist, bevor sie etwas unternimmt. Sie kümmert sich erst um Probleme, wenn sie größere Ausmaße angenommen haben. Sie vertritt ferner die Ansicht, dass Schwierigkeiten erst wiederholt auftreten müssen, bevor man handeln sollte.
Passive Führung, schlimmer noch Laisser-faire-Führung (s.u.), wird von den GP nicht geschätzt. Wer Erfolg haben will, sollte darauf also besser verzichten und sich aktiver am Geschäft beteiligen.
Laisser-faire-Führung
„Laisser-faire" heißt übersetzt „machen lassen" im Sinne von „einfach laufen lassen". Die FK hält sich heraus, auch wenn wichtige Fragen anstehen. Sie ist nicht da, wenn sie gebraucht wird. Sie zögert mit wichtigen Entscheidungen und beantwortet anstehende Fragen mit Verspätung.



Fragebogen-Feedback zu Führungsstilen

Vorbereitung
Tipps zum Umgang mit Fragebogen-Feedback von anderen Personen:
• Feedback basiert auf Wahrnehmungen. Diese können, müssen aber nicht mit der Realität übereinstimmen.
• Akzeptieren Sie das Feedback als die Wahrnehmung anderer.
• Schauen Sie sich zunächst die Übereinstimmungen mit Ihrer Selbsteinschätzung an.
• Betrachten Sie dann erst die Unterschiede. Sie sollten darüber nicht allzu überrascht sein - solche Unterschiede kommen bei fast allen FK vor!
• Fragen Sie sich: Woran könnte das liegen? Welche Ihrer Verhaltensweisen könnten für die abweichenden Wahrnehmungen verantwortlich sein?
• Betrachten Sie dann die Bereiche, in denen Sie und Ihre GP Ihre Stärken sehen. Welche Verhaltensweisen sind dafür verantwortlich? Können Sie diese künftig stärken?
• Setzen Sie sich dann mit den Bereichen auseinander, bei denen andere (oder Sie selbst) noch Schwächen oder Entwicklungsbedarf sehen. Welche Verhaltensweisen dürften für diese unbefriedigenden Wahrnehmungen verantwortlich sein? Können Sie diese künftig abschwächen oder einstellen?
Denken Sie an die Anonymitätszusicherung: Den GP, die Sie beurteilt haben, wurde absolute Anonymität zugesichert. Versuchen Sie bitte unter keinen Umständen herauszufinden, wer Ihnen welches Feedback gegeben hat. Eine solche Aktion würde Ihre eigene Führungsarbeit nur nachhaltig beschädigen.
Wie sollte man mit dem Feedback umgehen? Was lässt sich daraus lernen, bzw. worauf sollten Sie in Zukunft achten? Das verdeutlicht die folgende Übersicht:
• Abweichungen zwischen Ihrer Sicht und der Ihres GP: Bemühen Sie sich, die Unterschiede zu verringern
• Inspirierende Führung: Bemühen Sie sich, die Bewertungen im betroffenen Bereich zu steigern
• Konventionelle Führung:

- Austauschorientierte Führung: Bemühen Sie sich, die Bewertungen zu steigern
- Fehlerorientierte Führung: Bemühen Sie sich, die Bewertungen nicht zu hoch ausfallen zu lassen (deutlich niedriger als bei inspirierender und austauschorientierter Führung)
- Passive Führung und Laisser-faire-Führung: Bemühen Sie sich, die Bewertungen in diesem Bereich zu verringern

Übung: Vergleich mit den Anregungen der GP
Bitte vergleichen Sie die Anregungen, die Sie sich selbst gegeben haben, mit denen, die von Ihren GP kommen. Diskutieren Sie die Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Machen Sie sich dazu bitte Notizen.

Entwicklung von Veränderungsbereitschaft
Veränderung zählt mit zum Schwierigsten, wozu man einen Menschen bringen kann. Und doch ist Veränderung so wichtig. Gerade für eine FK, die andere zu Veränderungen motivieren soll, ist es entscheidend, genau zu erkennen, dass man sich ändern kann. Denken Sie doch bitte einmal daran, wie Sie vor zehn, vor 20 oder vor 30 Jahren waren, und was Sie damals gedacht haben. Seitdem dürfte sich einiges an Ihrem Verhalten geändert haben. Oder denken Sie an die Zukunft: Welche Ziele und Visionen haben Sie, und was muss sich alles ändern, damit sie sich erfüllen?
Oft sind es gerade kleine Dinge, die große Änderungen bewirken können: sich ein bisschen mehr für seine GP interessieren, ihnen den Weg aufzeigen, Teammeetings abhalten, ZVG und KG führen...
Aber: Übertreiben Sie es wiederum nicht mit Ihrer Änderungsbereitschaft. Oft sind die Teilnehmer nach einem FdM-Training enthusiastisch und wollen voller Elan gleich alles auf einen Schlag umkrempeln. Überfordern Sie Ihre GP, Ihre Strukturhöheren und sich selbst nicht! Veränderung kann auch verunsichern.
Entwerfen Sie einen Plan, wie Sie vorgehen möchten. Fangen Sie mit überschaubaren Dingen an. Überlegen Sie sich, wie der erste Schritt am ersten Tag aussehen könnte. Erklären Sie denen, die es betrifft, in Einzelgesprächen oder auch im Meeting, was Sie in Zukunft anders machen wollen und warum.
Was ist der erste Schritt am ersten Tag?


Übung: Führung meiner GP
In dieser Übung geht es um Ihre eigenen GP, um deren Motive und um das dazu angemessene Führungsverhalten.
Zur Vorbereitung schauen Sie sich bitte zunächst noch einmal auf der Seite 53 Ihrer Unterlagen an, welches Führungsverhalten Sie künftig verstärken und welches Sie abschwächen möchten.
Denken Sie dann an Ihre gegenwärtigen GP. Unter ihnen gibt es mitunter solche, die sich ganz leicht führen lassen, und andere, bei denen Führung so gut wie gar nicht funktioniert.
1. Wählen Sie bitte einen „mittelschwer" zu führenden GP aus; also keinen „verlorenen Fall" und auch keinen „Durchstarter", sondern einen, der im „Mittelfeld" liegt, und bei dem Sie sich schon etwas einfallen lassen müssen.
2. Überlegen Sie nun noch für sich, welche Motive dieser GP haben dürfte. Woran machen Sie das fest?
3. Überlegen Sie nun gemeinsam mit Ihrer Gruppe, welche Führungsstile für diesen GP gut geeignet sein dürften. Gleichen Sie das mit den Führungsverhaltensweisen ab, die Sie künftig stärker verwenden möchten (s. Seite 53 Ihrer Unterlagen).
Bitte notieren Sie Ihre Ideen:

Charisma
„Charisma" ist ein schillernder Begriff. Er kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Gnadengabe" oder „göttliches Geschenk". Max Weber, bedeutender Soziologe (1864 - 1920), der Charisma als erster wissenschaftlich untersucht hat, nennt die charismatische Führungspersönlichkeit „den vom göttlichen Odem Behauchten".
Tatsächlich geht man in der Forschung davon aus, dass Charisma aus verschiedenen Schattierungen besteht. Wichtig sind dabei vor allem:
1. außergewöhnliche Persönlichkeitseigenschaften
2. besonderes Verhalten
3. außergewöhnliche Wirkung auf andere Menschen
Max Weber war von dem Wechselspiel zwischen der Persönlichkeit der charismatischen Person und ihrer Wirkung fasziniert. Eigenschaften der Führungspersönlichkeit waren eine radikale Vision (aber wiederum nicht zu radikal, sonst wurde einem Charismatiker auch schon mal der Kopf abgeschlagen) und außergewöhnliche Fähigkeiten. Als förderliche Rahmenbedingung für das Entstehen von Charisma sah Max Weber die Krise (es ist also gerade eine günstige Zeit für künftige Charismatiker). Und hier stechen charismatische Führungspersönlichkeiten dadurch hervor, dass sie persönliche Opfer und Risiken in Kauf nehmen, um ihre Vision zu erreichen.
Auf Seiten der Geführten braucht es den Glauben an die Vision des charismatischen Führers, dem übermenschliche Kräfte zugeschrieben werden.


Authentizität und Empathie
Seit Max Weber hat man immer noch nicht klar bestimmen können, was Charisma nun genau ausmacht. Einerseits ist Charisma ein göttliches Geschenk an eine Person, also etwas, das in der Persönlichkeit liegt. Zugleich ist Charisma von der Akzeptanz anderer abhängig. Im Führungskontext sind diese anderen meist die Geführten. Wenn die Geführten kein Charisma sehen, dann existiert es nicht. Weber hob hervor, dass die Geführten einer Führungsperson das Charisma sogar entziehen können, wenn diese die Akzeptanz verloren hat (etwa aufgrund nachhaltiger Misserfolge).
Ein Versuch, hier weiterzukommen, stammt von Robert House, einem berühmten Führungsexperten. House ging davon aus, dass Charisma im Wechselspiel verschiedener Größen entsteht. Das nannte er die „charismatische Beziehung"


Beziehung Führungsverhalten - Geführte

Betrachten Sie zunächst die Verbindung zwischen dem Führungsverhalten und den GP: Diese Verbindung muss in allererster Linie stimmig sein, es muss passen. Das Führungsverhalten soll die GP erreichen, sie motivieren. Und dazu ist wichtig, dass es auf die Bauchmotive der GP abgestimmt ist.
Das ist unter „Empathie" zu verstehen. Empathie ist ein Kunstwort und bedeutet „Einfühlungsvermögen". Empathisch ist, wer die Bedürfnisse und Motive seiner Mitmenschen erkennt und entsprechend darauf eingehen kann.
In Bezug auf Führungsverhalten heißt das: Die FK soll sich nach Möglichkeit so verhalten, dass es zu den Bedürfnissen und Motiven der Geführten passt. Das bedeutet Empathie.
Empathisch sein bedeutet: Die FK sollte ihr Verhalten an den Motiven und Bedürfnissen der GP ausrichten.


Beziehung Persönlichkeit der FK - Führungsverhalten
Schauen Sie sich nun die Verbindung zwischen der Persönlichkeit der FK und ihrem Führungsverhalten an: Hier kommt es darauf an, dass die FK in ihrem Verhalten stimmig ist; dass ihr Verhalten zu ihr passt. Dass sie authentisch ist.
Auch „authentisch" kommt aus dem Griechischen und heißt so viel wie „echt" sein. Mit anderen Worten: Sich selbst treu sein. Sich so verhalten, wie man wirklich ist.
Im FdM-2 wurde das Thema „Bauchmotive" besprochen. Führungskräfte sind dann authentisch, wenn ihr Führungsstil zu ihren Bauchmotiven passt.
Authentisch sein bedeutet: Die FK sollte sich so verhalten, dass es zu ihr passt.
Authentisch und empathisch zugleich
Idealerweise sollte man zugleich authentisch und empathisch sein. Das ist die ideale Voraussetzung, um als charismatisch wahrgenommen zu werden.
Nun könnte man einwenden: Geht das denn überhaupt? Kann man empathisch sein, also auf die Bedürfnisse seiner GP eingehen, und gleichzeitig authentisch bleiben? Ist das nicht die „Quadratur des Kreises", eine unmögliche Kombination?
In den im FdM-3 gezeigten Schulungsfilmen haben Sie anhand von Beispielen gesehen, dass sich Authentizität und Empathie durchaus miteinander verbinden lassen.
Inspirierende Führung und Bauchmotive
Jeder der drei inspirierenden Führungsstile passt zu genau einem Bauchmotiv. Es lassen sich drei Gruppen bilden:
1. Machtmotiv und richtungweisende Führung
2. Leistungsmotiv und exzellenzorientierte Führung
3. Anschlussmotiv und mitarbeiterorientierte Führung
In Sachen Authentizität wie Empathie gilt also: Motiv und Führungsstil sollten möglichst zueinander passen.
Die Untersuchungen von Prof. Kehr haben ergeben, dass genau das die maßgebliche Voraussetzung für Charisma und Führungserfolg ist.

Umgang mit unterschiedlich motivierten GP
Denken Sie noch einmal zurück an die drei Schulungsfilme. Die FK hatte es mit drei völlig unterschiedlichen GP zu tun: Der erste war macht-, der zweite leistungs- und der dritte anschlussmotiviert. Dabei hat die FK ihre Sache im Großen und Ganzen sehr gut gemacht. Warum ist das wohl möglich? Wie kann man auf so unterschiedliche Menschen eingehen und sich trotzdem treu bleiben?
Der Schlüssel liegt darin, dass die FK im Film, wie jeder von uns, nicht nur von einem Motiv geprägt wird, sondern Anteile von allen Motiven in sich vereint. Jeder hat ein wenig Anschluss-, Macht- und Leistungsmotiv. Selbst wenn der Anteil der schwächeren Motive gering sein sollte: Die Anlage dazu ist da.
Und diese Anlage reicht normalerweise dazu aus, dass man sich auf andere Menschen mit abweichenden Motivmustern einlassen kann. Man muss es eben oft nur zulassen.



A 0 Е M I Е

Ergebnisse zu Charisma und Führungserfolg

Wie oben ausgeführt, bilden Authentizität und Empathie eine wichtige Voraussetzung für Charisma und Führungserfolg.
Auch zu diesen Punkten wurden Ihre GP in der Vorab- Befragung befragt: Ihr Charisma und Ihr Führungserfolg.
Bei guten Ergebnissen darf man Ihnen gratulieren! Sie sind, so sehen es Ihre GP, bereits eine erstklassige Führungskraft!
Aber auch bei weniger guten Ergebnissen sind Sie auf dem allerbesten Weg. Selbst wenn die Ergebnisse hinter Ihren Erwartungen zurückliegen, sollten Sie die Flinte nicht ins Korn werfen: Keinem wurde Führung in den Schoß gelegt. Jeder von Ihnen muss es lernen, zu führen, und jeder kann sich weiter verbessern. Die meisten Ihrer Generäle und 6er wissen davon ein Lied zu singen. Sie nehmen jede Gelegenheit wahr, um sich fortzubilden.
Wenn Sie die Erkenntnisse des FdM-3 Schritt für Schritt umsetzen, kann das Einiges bewirken. Und das wird sich dann auch in den Einschätzungen Ihrer GP niederschlagen!
Im K-3 werden Sie Techniken kennen lernen, mit denen man durch Kommunikation seine authentische und empathische Wirkung auf andere steigern kann.
Was nehme ich aus diesem Abschnitt mit?

Transfer


Einführung

Wie bereits im FdM-2 gibt es drei Maßnahmen zur Förderung des Trainingstransfers:
• Lernerfolgstest
• Transfergespräche mit Ihrer Führungskraft
• Lernpartnerschaften
Den Leitfaden zum Transfergespräch haben Sie bereits im FdM-2 kennengelernt. Ihre Führungskraft sollte mit Ihnen vor und nach dem FdM-Training Transfergespräche führen und dazu die Leitfäden verwenden, die in den Geschäftsstellen ausliegen oder elektronisch zur Verfügung stehen.
CB    Lernerfolgstest
Damit Sie selbst den Lernerfolg Ihres Trainings kontrollieren können, gibt es wieder einen Lernerfolgstest. Den können Sie durchführen, indem Sie sich mit Ihrem Passwort und Ihrem persönlichen Code ein weiteres Mal auf der Website der Kehr MC einloggen. Dort finden Sie verschiedene Multiple-Choice-Fragen zu diesem Training. Wenn Sie diese Fragen beantworten, erhalten Sie Ihre persönliche Auswertung. Dabei sehen Sie, in welchen Bereichen Sie richtig liegen, aber auch, welche Themen Sie vielleicht noch einmal nachlesen sollten.
Bitte loggen Sie sich dazu wieder in unser Online-System (www.kehrmc.de) ein und zwar ganz genau so, wie Sie sich für die Fragebögen eingeloggt haben, die Sie vor dem Training ausgefüllt haben.
Für das Login gibt es drei Möglichkeiten:
1. Am einfachsten ist, Sie loggen sich über das „Quicklogin" ein:
Die dazu nötigen Angaben (E-Mail-Adresse und persönliches Kennwort) haben Sie beim Ausfüllen des Fragebogens per E-Mail erhalten.
2. Sie loggen sich nochmals neu ein:
Dazu benötigen Sie den Link, den Sie bei der Einladung erhalten haben.
3. Sie loggen sich mit der Trainings-ID ein:
Diese erhalten Sie von Ihrem Trainer vor Ort.
Lernpartnerschaft
Eine weitere, sehr effektive Maßnahme zur Förderung des Trainingstransfers ist die Lernpartnerschaft. Sie haben ja vermutlich bereits zu einem früheren Zeitpunkt in diesem Training eine Lernpartnerschaft gebildet.
Bitte gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Lernpartner den Leitfaden zur Lernpartnerschaft durch und vereinbaren Sie Termine für Ihre beiden Treffen. Im Anschluss an das K-3 können Sie den Leitfaden zur Lernpartnerschaft dann vervollständigen.


Kommentiertes Literaturverzeichnis

(nur deutschsprachige Literatur)
Die Literatur zu verschiedenen Teilen des FdM-3 (etwa authentische Führung und Charisma) ist weitgehend nur in englischer Sprache erhältlich oder auf schwer lesbare Fachliteratur beschränkt. Deshalb haben wir es vorgezogen, die Unterlagen, die Sie in Händen halten, recht ausführlich zu gestalten. Bei Bedarf sollte es genügen, hier nachzulesen. Die nachfolgenden Literaturhinweise sind also für diejenigen bestimmt, die sich besonders intensiv mit der Materie beschäftigen wollen.
Allgemeine Literatur zu Motivation und Führung
Felfe, J. (2009). Personalführung. Göttingen: Hogrefe. Personalmanager und Führungskräfte erhalten in diesem Band einen kompakten Überblick über aktuelle Konzepte, empirische Befunde sowie wichtige Techniken und Instrumente der Mitarbeiterführung.
Kehr, H. M. (2008). Für Veränderungen motivieren mit Kopf, Bauch und Hand. Orga-nisationsEntwicklung, 3/2008, 23-30. Ein recht ausführliches, zugleich aber locker geführtes Interview, welches die Anwendungsmöglichkeiten des 3K-Modells für organisationalen Wandel ausleuchtet, (www.kehrmc.de)
Kehr, H. M. (2000). Die Legitimation von Führung. Berlin: Duncker & Humblot. Diese Forschungsmonographie untersucht eingehend die Legitimation von Führung und illustriert diese anhand eines Gruppenexperimentes.
Rosenstiel, L. v. (2001). Motivation im Betrieb (10., überarbeitete und erweiterte Aufl.). Leonberg: Rosenberger. Ein flüssig geschriebenes Buch, reich an Fallbeispielen, das praxisnah in motivationspsychologische Abläufe des Unternehmensalltags einführt.
Rosenstiel, L. v., Regnet, E. & Domsch, M. (2003). Führung von Mitarbeitern. 5. Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Ein praxisorientiertes Kompendium, an der viele Fachleute aus Forschung und Praxis mitgewirkt haben, für die erfolgreiche Personalführung.
Literatur zum 3K-Modell
Kehr, H. M. (2009). Authentisches Selbstmanagement - Ein wirksames Konzept zur Stärkung von Motivation und Wille (2. Auflage). Weinheim: Beltz. Ein praxisorientierter Leitfaden mit vielen praktischen Übungen zur Verbesserung des eigenen Selbstmanagements.
Kehr, H. M. (2004). Motivation und Volition: Funktionsanalysen, Feldstudien mit Führungskräften und Entwicklung eines Selbstmanagement-Trainings (SMT). In J. Kühl & F. Haiisch (Hrsg. der Reihe), Motivationsforschung, Göttingen: Hogrefe. Motivations- und volitionspsychologische Ansätze werden von ihren historischen Wurzeln bis zu den gegenwärtigen Forschungstrends dargelegt und in einem übergreifenden Modell zusammengeführt. Davon ausgehend belegt eine Serie von Studien die praktische Bedeutung von Motivation und Volition für den Handlungserfolg von Führungskräften. Es wird dargelegt, wie darauf aufbauend das theoretisch fundierte und empirisch gestützte SMT konzipiert und realisiert worden ist.


Kehr, H. M. (2005). Das Kompensationsmodell von Motivation und Volition als Basis für die Führung von Mitarbeitern. In: R. Vollmeyer & J. Brunstein (Hrsg.), Motivationspsychologie und ihre Anwendung (S. 131-150). Stuttgart: Kohlhammer. Das Buchkapitel verbindet theoretische Hintergründe zum 3K-Modell mit seiner Anwendung in der Mitarbeiterführung.
Literatur zu Coaching
McCaughan, N. & Palmer, B. (2001). Leiten und leiden: Systemisches Denken für genervte Führungskräfte. Die Autoren beschreiben den systemischen Ansatz der Beratung. Anhand von Fallstudien werden systemische Vorgehensweisen, u.a. Fragetechniken, erläutert. Dortmund: Worgmann.
Schmidt-Tanger, M. (2006). Gekonnt coachen: Präzision und Provokation im Coaching. (2. Aufl.). Paderborn: Jungfermann. Das Buch befasst sich mit einer wichtigen Technik im Coaching - der Provokation. Die Autorin gibt eine Anleitung, wie die Provokation im Coaching gezielt eingesetzt werden kann, um Veränderungsenergien freizusetzen.
Literatur zu Motive, Wille und Überkontrolle
Brunstein, J. C. & Heckhausen, H. (2006). Implizite und explizite Motive. In J. Heckhausen &H. Heckhausen (Hrsg.). Motivation und Handeln (S. 143-191). Berlin: Springer. Bauchmotive und Kopfmotive werden in ihren Grundlagen und Wirkungen einander gegenübergestellt und die Bedeutung ihres Zusammenspiels für Motivation und Verhalten dargestellt.
Kehr, H. M. (2001). Volition und Motivation: Zwischen impliziten Motiven und expliziten Zielen. Personalführung, 4/2001, 20-28. Das in der Habilitationsschrift entwickelte „Schnittmengenmodell von Motivation und Volition", die Urform des ЗК-Modelłs, wird praxisgerecht aufbereitet und es werden Anwendungsperspektiven im Hinblick auf Selbstmanagement und Mitarbeiterführung aufgezeigt.
Kehr, H. M. & Rosenstiel, L. v. (2008). Entwicklung von Motivation und Volition. In: Mühlbacher, J., Scheer, P., Schmidt, A. & von Rosenstiel, L. (Hg.) Management Development: Wandel der Anforderungen an Führungskräfte (S. 19-33). Wien: Linde. Dieser Aufsatz gibt in allgemeinverständlicher Weise eine Einführung in die Entwicklung von Motivation und Volition (Wille) durch Mechanismen der Selektion und insbesondere der Sozialisation.
Kühl, J. (1983). Motivation, Konflikt und Handlungskontrolle. Berlin: Springer. Das Werk, mit dem Professor Kühl die Willenspsychologie wieder entdeckt und zurück in den akademischen Diskurs geführt hat.
Literatur zu transformationaler Führung und Charisma
Dörr, S. (2008). Motive, Einflussstrategien und transformationale Führung als Faktoren effektiver Führung. Mering: Hampp. Der Autor gibt einen Überblick zu den Theorien charismatischer und transformationaler Führung. Die Bedeutung von Motiven und Einflussstrategien von Führungskräften werden beleuchtet und der aktuelle Stand der Forschung aufgezeigt.
Felfe, J. (2006). Transformationale und charismatische Führung - Stand der Forschung und aktuelle Entwicklungen. Zeitschrift für Personalpsychologie, 5, 163- 176. Hier wird in komplexer Form ein Überblick der gegenwärtigen Forschungsliteratur zu transformationaler und charismatischer Führung gegeben.